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In Seite Karl XIV. Johann (Schweden):

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Bernadotte war eine unterschiedlich beurteilte Persönlichkeit. Der 1763 in Frankreich Geborene trug dort 47 Jahre lang als Militär den Namen Bernadotte und 34 Jahre lang den Namen Karl XIV. Johann als König von Schweden. Allein dies schon rechtfertigt bzw. erfordert unterschiedliche Blickwinkel. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Bereichen Politik, Militär und Familie. Bei der Beurteilung der über ihn gemachten Aussagen ist die Interessenlage des Äußernden zu berücksichtigen.

Bernadottes Leben und Handeln sind umstritten. Während er aufgrund der Veröffentlichungen von Zeitzeugen bis in die heutige Zeit teilweise negativ dargestellt wird, so stellen ihn spätere Biografen in einem besseren Licht dar. Vorwürfe, bei den Schlachten bei Auerstedt und Jena, Wagram, Großbeeren, Dennewitz und Leipzig und in seinem Verhalten Napoleon gegenüber verräterisch gehandelt zu haben, scheinen größtenteils unbegründet. Es ist in einigen Punkten sogar nachgewiesen, dass gezielte Verleumdungskampagnen – schon zu seinen Lebzeiten, aber auch auf preußisch-deutscher Seite danach – gegen ihn betrieben wurden, um z. B. Napoleon, Blücher, Bülow und die Preußen besser darzustellen.

Die entscheidende Konfliktebene ist dabei die Politik. Aus dem Marschall Napoleons wurde 1810/1818 der König von Schweden. Dieser Wechsel musste nicht zwangsläufig einen Seitenwechsel bedeuten. Für seine schwedischen Wähler war zwar eine gewisse innere Unabhängigkeit Bernadottes gegenüber Napoleon wichtig; andererseits hatte Napoleon dieser Wahl zugestimmt. Für den voraussehbaren Konflikt mit Russland erwartete Napoleon von Bernadotte zumindest Neutralität, die Schweden dagegen vielfach deutlichen Widerstand. Als Napoleon 1811 Schwedisch-Pommern besetzte, verbündete sich der nunmehrige schwedische Regent mit den Gegnern Napoleons. Diese Parteinahme wurde von den Anhängern Napoleons als Verrat gewertet, und vor diesem Hintergrund ist auch zu verstehen, warum von dieser Seite her seine bisherigen Leistungen abgewertet wurden. Die Gegenseite sieht ihn indessen in der Front derjenigen, die Europa vom Joch des Tyrannen Napoleon befreit haben. Es ist zu verstehen, dass diese Seite dem Befreier und Begründer einer zweihundertjährigen, noch heute herrschenden Dynastie nicht die weniger ruhmvollen Aspekte seiner militärischen Leistungen vorhalten möchte.

Als Militär ist sein Aufstieg bis zum Armee-Oberbefehlshaber bzw. Kriegsminister von Frankreich allein aufgrund seiner militärischen Eigenschaften ohne Napoleon erklärbar, als Marschall von Frankreich dann aber sicher nicht ohne seine verwandtschaftlichen Beziehungen zum Kaiser. Napoleon, der sich für ein unübertreffliches militärisches Genie hielt, neigte dazu, seine eigenen Erfolge hochzuloben, dagegen seine militärischen Patzer zu vertuschen. Einerseits nahm er im Falle von Siegen seinen Marschällen einen Teil ihres Ruhms, andererseits belud er sie im Falle von Niederlagen mit unberechtigten Vorwürfen. Seine starke Emotionalität, die übergangslos zwischen Überschwang und Zornesausbrüchen wechseln konnte, hat er durch eigene Schriftzeugnisse belegt. Entscheidend ist letzten Endes, dass Napoleon Bernadotte nie den endgültigen militärischen Abschied gab, und dies sicherlich nicht allein aus verwandtschaftlicher Rücksicht. Wer wie Napoleon unbedingt siegen wollte, durfte unter seinen Marschällen nicht aus Sentimentalität Versager mitschleppen; der französische Kaiser muss Bernadotte also für einen kompetenten General gehalten haben.

Auf kollegialer Ebene ist zu berücksichtigen, dass es innerhalb aller Armeen sowie zwischen verbündeten Armeen Rivalitäten der führenden Generäle gab, mit der Tendenz, die eigenen Erfolge hochzuloben und die Erfolge der anderen abzuwerten. Ungeachtet dieser subjektiv interessierten Blickwinkel ist festzustellen, dass von Bernadotte keine handstreichartigen, überraschenden Manöver, keine Gewaltmärsche, kein todesverachtender Widerstand selbst bei großen Verlusten berichtet werden – Dinge, die üblicherweise militärischen Ruhm begründen. Er hat die von ihm erwartete Pflicht eines Marschalls zweifellos erfüllt; auch die anderen Marschälle hatten manchmal ihre schwachen Momente. Versuche, ihn über diese allgemeine Ebene der Pflichterfüllung als überdurchschnittlich begabt hochzuloben oder ihn umgekehrt als notorischen Versager darzustellen, müssen aber mangels Quellenbelegen scheitern. Bernadotte war offenbar ein unauffälliger, ausreichend kompetenter Feldherr.

Mit dem Wechsel vom Marschall zum Kronprinz änderte sich auch sein Verhalten als militärischer Befehlshaber. Als Marschall Napoleons konnte er bei einer Niederlage nur den Marschallstab verlieren, während die Gesamtverantwortung für den Staat bei Napoleon blieb, aber als Kronprinz konnte er den Thron verlieren. Schweden, ein Land mit nur geringer Bevölkerung, konnte damals nur ein Heer von etwa 10.000 Mann aufstellen (die Gesamtstärke der Verbündeten in der Völkerschlacht von Leipzig 1813 betrug 310.000 Mann); das Staatsoberhaupt musste mit diesen Ressourcen daher sparsam umgehen und versuchen, mit geringstmöglichem Aufwand den größten (politischen) Erfolg zu erreichen. Seine von den Preußen beklagte Zurückhaltung im Vormarsch war aus der Sicht des Kronprinzen zweifelsohne schwedische Staatsraison. So gerechtfertigt dieses Verhalten aus schwedischer und unabhängiger Sicht auch ist, so darf es nicht dazu führen, ihn dennoch im Feldzug 1813 als militärischen Helden darzustellen; man muss ihn hier als Staatsmann würdigen.