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Die frühesten Nadeln mit einem Nadelöhr, die Öhrnadeln, waren Knochennadeln oder wurden aus dem Elfenbein von Mammuts hergestellt. Das mindestens 43.000 Jahre alte Exemplar aus den frühjungpaläolithischen Schichten des Strashnaya-Höhlenkomplexes im westlichen Altai gilt als die älteste Nähnadel der Welt.[1] Sie wurde aus der Wand eines Säugetier-Röhrenknochens gefertigt; das überschliffene Öhr ist vermutlich durch Benutzung ausgebrochen. Später, im Solutréen und im Magdalénien, wurden Nadeln in Span-Technik aus Knochen oder Geweih hergestellt[2] und anschließend auf einem Stein geglättet. Ein solcher Glättstein für Nadeln ist zum Beispiel aus Les Eyzies (Magdalénien) überliefert.[3] Das Öhr wurde durch Schaben, nicht durch Bohren erzeugt.[4] Die Spitze der Nadel ist nicht immer mittig.[5] Manche Nadeln sind abgebrochen, bei einigen wurde ein neues Öhr angebracht.

Nähnadeln finden sich zwischen MIS 3 und dem späten glazialen Maximum von Westeuropa bis China. Knochennadeln sind zum Beispiel in dem altsteinzeitlichen Abri am Petersfels im Hegau bei Ausgrabungen gefunden worden. Kostenki 15 in Russland lieferte einen Fund, der auf 35.000 BP datiert wird. Eine Nadel aus der Denissowa-Höhle im Altai kann wegen stratigraphischer Probleme nur grob auf den Zeitraum zwischen 43.000 und 28.500 datiert werden. In Armenien wurde in der Aghitu-3-Höhle am Vorotan in Schicht AH IIId eine Knochennadel mit einem Bruch durch das Öhr und einer stumpfen Spitze aus der Zeit zwischen 29.000 und 24,000 cal BP (Middle Upper Palaeolithic) gefunden[6]. Nadeln aus der oberen Höhle von Choukoutien in China datieren zwischen 33.000 und 27.000 BP[7]. In der neuen Welt stammen die ersten Nadeln aus dem jüngeren Dryas (Broken Mammoth, Alaska).[7]

Die Erfindung der Nähnadel wird oft dem anatomisch modernen Menschen zugeschrieben, sie steht in Verbindung mit der Anfertigung eng anliegender Kleidung, die besonders in Zeiten extremer Kälte von Vorteil war[7]. Der Gebrauch durchbohrter Gegenstände wird auch mit der „symbolischen Revolution“ im Jungpaläolithikum in Verbindung gebracht[8], allerdings meist für Schmuckstücke. Der israelische Historiker Yuval Noah Harari hält die Nadel für das entscheidende Objekt, mit deren Hilfe der aus Afrika stammende Homo sapiens die nördlichen Teile Europas und Asiens besiedeln und den Neandertaler verdrängen konnte, da er sich damit schützende Kleidung aus mehreren zusammengenähten Fellen und Tierhäuten anfertigen konnte. Die Neandertaler hingegen scheiterten an der Besiedlung polarnaher Zonen.[9]

Die solutréenzeitlichen Schichten der Höhle El Mirón in Kantabrien enthalten auch eine Nadel mit Öhr. Hier wurden nur einige wenige, kurz genutzte Feuerstellen gefunden, dies und die spärlichen Funde deuten auf eine Nutzung als Jagdlager. Nadeln gehörten also scheinbar zur Grundausrüstung auf einem Jagdausflug, vermutlich, um zerrissene Kleidung reparieren zu können[10].

Mit dem Ende des Magdalénien verschwinden Knochennadeln in Europa aus dem archäologischen Fundgut, ob dies mit veränderter Kleidung im Zuge der klimatischen Erwärmung oder mit schlechteren Erhaltungsbedingungen zu tun hat, ist ungewiss. Die Spantechnik findet weiter Anwendung, aber nun für Projektilspitzen[11].

Die ältesten Nähnadeln hatten jedoch ein gespaltenes Ende für den „Faden“ aus Tierdarm oder Sehne. In den Spalt wurde der Faden eingeklemmt. Als Material für die Nähnadel dienten meist Knochen (Ren- und Wildpferdknochen), aber auch Geweih, Mammutelfenbein, Rippen oder Röhrenknochen von Hasen und Vögeln. Dickwandige Knochen (Geweih oder Elfenbein) wurden mit spanabhebenden Bearbeitungstechniken angepasst.

Die ältesten Kupfernadeln stammen aus der Zeit zwischen 3600 und 3200 v. Chr. aus Tepe Yahya in Iran[12]. Kupferne Nähnadeln wurden auch in Naqada, Grab 63 (Ägypten) gefunden. Eine goldene Nähnadel aus Gizeh wird von dem Ausgräber in die 1. Dynastie datiert[13] In der Bronzezeit wurden Nähnadeln aus Bronze hergestellt. Funde stammen unter anderem aus der Wasserburg Buchau in Baden-Württemberg[14].

Die ersten Stahlnadeln wurden angeblich in China hergestellt. In römischer Zeit waren Damaskus und Antiochia am Orontes Zentren der Nähnadelherstellung.[12] Eiserne Nähnadeln waren in allgemeinem Gebrauch, man fand sie zum Beispiel in Mucking in Essex[15]. Römische Nähnadeln sind gewöhnlich zwischen 5 und 13,5 cm lang, der Unterschied zwischen Nähnadeln und medizinischem Gerät ist jedoch nicht immer klar, besonders bei längeren Exemplaren[16]. Es wurden auch Nadeln aus Knochen hergestellt, die keine Rostspuren verursachten. Ein entsprechendes Exemplar stammt zum Beispiel aus Schichten des 3. Jahrhunderts in Vieux/Araegenuae[17]. Auch hier ist der Unterschied zu Nadeln zum Netzeknüpfen und für Nadelbindung nicht einfach. In Pompeii wurden Nadeln aus Eisen und Bronze gefunden, nicht immer nur im häuslichen Kontext[18]. Als Grabbeigaben sind Nähnadeln selten. Gelegentlich tauchen sie in militärischem Kontext auf, was zu der Theorie geführt hat, dass römische Soldaten ihre Kleidung selber reparierten[19]. Nähnadeln aus Knochen und Bronze sind auch aus South Shields, den Römerlagern Ellingen, Vetera I, Rottweil und Oberstimm bekannt. Allison weist aber darauf hin, dass sich auch Frauen in militärischen Einrichtungen wie den Türmen des Hadrianswalls aufgehalten haben können[16].

Ab dem 14. Jahrhundert ist die Kenntnis belegt, eine Nadel aus geschmiedetem und zum Gebrauch gehärteten Eisendraht herzustellen (siehe dazu unter Abbildung: „Der Nadler“). Bronzenadeln sind aber auch im Mittelalter noch sehr häufig[20].