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In Seite Der Rosenkavalier:
"Hofmannsthals Libretto zum Rosenkavalier lehnt sich an den Roman Die Abenteuer des Chevalier Faublas von Jean-Baptiste Louvet de Couvray und Molières Komödie Der Herr aus der Provinz (Monsieur de Pourceaugnac) an. Die dramatischen Figuren in Hofmannsthals Dichtung entstammen zum Teil dem Roman, haben daneben aber auch Vorbilder in den Figuren der italienischen Commedia dell’arte. Sie sind Typen und lebensvolle, realistische Figuren. Hofmannsthal schildert später in einer Rückschau die Anfänge des Rosenkavaliers folgendermaßen: „Die Gestalten waren da und agierten vor uns, noch ehe wir Namen für sie hatten: der Buffo, der Alte, die Junge, die Dame, der ‚Cherubin‘. (…) Aus dem ewig typischen Verhältnis der Figuren zueinander entsprang die Handlung, fast ohne daß man wußte, wie.“ (Der Rosenkavalier. Zum Geleit, 1927)
Zusammen bilden die Figuren zudem ein komplexes Beziehungsgeflecht. „Einer braucht den andern, nicht nur auf dieser Welt, sondern sozusagen auch im metaphysischen Sinn. (…) Sie gehören alle zueinander, und was das Beste ist, liegt zwischen ihnen: es ist augenblicklich und ewig, und hier ist Raum für Musik“, schrieb Hofmannsthal im Ungeschriebenen Nachwort zum „Rosenkavalier“ (1911). Durch seine Sprachkunst, die er den Figuren in den Mund legte, schuf Hofmannsthal lebensnahe Figuren mit menschlichen Zügen, mit Humor, mit einem gewissen Schicksal, mehr als er vielleicht selbst ahnte. Daher steht der Zuschauer der Handlung und den Figuren nicht gleichgültig gegenüber. Man nimmt als Zuschauer Anteil am Bühnengeschehen, wie nur bei ganz wenigen Stücken. Darin mag das Geheimnis des Erfolgs und der Liebe der Zuschauer diesem Meisterwerk der Musikbühne gegenüber bestehen. Hofmannsthal erfand für dieses Stück eine eigene Sprache, die dem wienerischen Dialekt nahesteht. Der Text selbst gehört heute zur Weltliteratur, und das ist unter den Texten für die Musikbühne sehr selten.
Hofmannsthal betonte auch, dass der Text nicht versuchen wolle, die historische Zeit des Rokoko wieder auferstehen zu lassen; vielmehr sei „mehr von der Vergangenheit in der Gegenwart als man ahnt“. „Dahinter war der geheime Wunsch, ein halb imaginäres, halb reales Ganzes entstehen zu lassen, dies Wien um 1740, eine ganze Stadt mit ihren Ständen, die sich gegeneinander abheben und miteinander mischen, mit ihrem Zeremoniell, ihrer sozialen Stufung, ihrer Sprechweise oder vielmehr ihren nach den Ständen verschiedenen Sprechweisen, mit der geahnten Nähe des großen Hofes über dem allen, mit der immer gefühlten Nähe des Volkselementes“ (Zum Geleit).
Der Rosenkavalier ist also durchaus ein Gegenwartsstück, bezogen auf das Österreich der Zeit um 1910. Es lässt sich als Kritik auf die Sitten der Donaumonarchie lesen – der Hofmannsthal selbst durchaus anhing – oder als eine Apologie des heiligen Ehestandes: Im Stück verborgen liegt eine konservative Tendenz, die Verkommenheit des Ehebrechers und Lüstlings zu entlarven und zu demontieren, um am Schluss die eheliche Liebe triumphieren zu lassen. Sophie betet vor der Ankunft des Barons zu Gott: „Die Mutter ist tot und ich bin ganz allein. Für mich selber steh ich ein. Aber die Ehe ist ein heiliger Stand.“ Dabei ist das Verhältnis zwischen Libertinage und ehelicher Bindung im Stück selbst nicht so eindeutig, wie es zunächst den Anschein haben mag. Der junge Graf Octavian trägt auch gewisse Züge des Lüstlings Baron Ochs, und Sophie ist keine keusche Braut, sondern lässt sich verführen, obwohl sie zur Ehe versprochen wurde. Ob die Ehe zwischen Sophie und Octavian am Ende tatsächlich geschlossen wird, bleibt offen. Hofmannsthal selbst machte einmal die Aussage, was er über die Ehe zu sagen habe, habe er in seinen Komödien gesagt. Für ihn war die Ehe das christliche Sakrament.
Ein weiterer Ansatz ist das Faktum „Zeit“. Hofmannsthal lässt die Feldmarschallin über die Zeit reflektieren, wie sie dahinfließt und was sie bewirkt, im Schicksal des Menschen und im Menschen selbst.
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