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In Seite Bruce Lee:

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Übergangsweise lebte er zunächst bei einem alten Freund seines Vaters in San Francisco und verdiente dort weiterhin etwas Geld als Tanzlehrer.[1][2] Hier verweilte er allerdings nur relativ kurze Zeit; schon ein paar Monate später bekam Bruce ein Jobangebot von einer Bekannten seines Vaters namens Ruby Chow, einer Restaurantbesitzerin. Bruce nutzte diese Chance und reiste zu ihr nach Seattle, wo er die Wohnung über Chows Restaurant bezog und als Platzanweiser und Kellner arbeitete.[3] Von nun an konzentrierte sich Lee ausschließlich auf seine Ausbildung und holte tagsüber seinen High-School-Abschluss auf dem Seattle Central Community College nach, während er abends im Restaurant arbeitete.[4] Im März 1961 immatrikulierte er sich an der University of Washington und begann dort ein Schauspiel-Studium.[5] Später kamen noch Philosophie, Psychologie und andere Fächer hinzu.[6][7]

In seiner Freizeit gab er interessierten Kommilitonen in Hinterhöfen, Parks und auf dem Universitätsgelände Kung-Fu-Unterricht, darunter Bruce Lees erster Schüler und Assistent Jesse R. Glover, Taky Kimura, der später sein erster offizieller Assistenztrainer und Freund fürs Leben werden sollte, sowie Bruce Lees spätere Frau Linda Emery.[8]

Ende 1963, nachdem er den Sommer bei seiner Familie in Hongkong verbracht hatte, kehrte Lee nach Seattle zurück, wo er am University Way, nahe dem College-Campus, sein erstes offizielles „Jun Fan Gung Fu Institute“ eröffnete. Am 17. August 1964 heirateten Bruce Lee und Linda Emery und zogen gemeinsam nach Oakland, wo sie zunächst im Hause von James Yimm Lee wohnten. Bruce Lee und James, ebenfalls ein leidenschaftlicher Kampfkünstler, lernten sich durch gemeinsame Bekannte kennen und wurden schnell unzertrennliche Freunde. Lee hatte großes Vertrauen in James und setzte ihn in seinem zweiten Jun Fan Gung Fu Institute in Oakland als seinen Assistenztrainer ein.[9]

Wegen der Exklusivität seiner Kwoons (Trainingsstätten) waren die beiden Institute finanziell nur mäßig erfolgreich, und die Einnahmen reichten vorerst nicht aus, zusammen mit der inzwischen schwanger gewordenen Linda in ein eigenes Haus zu ziehen. Dennoch widmete sich Lee mit großer Perfektion und Leidenschaft der Entwicklung seiner eigenen Kampfkunstmethode, die in den folgenden Jahren als Bruce Lees Jeet Kune Do (dt.: „Der Weg der eingreifenden/abfangenden Faust“) bekannt wurde.[10]

1964 folgte Bruce Lee der Einladung von Ed Parker, dem sogenannten „Vater“ des amerikanischen Kenpo Karate, bei den ersten internationalen Karatemeisterschaften in Long Beach, Kalifornien, das bis dato in der westlichen Welt noch völlig unbekannte Kung Fu zu demonstrieren und zu erläutern. Der sogenannte One Inch Punch, den Lee während dieser Demonstration dem erstaunten Fachpublikum vorführte, wurde zu einem seiner berühmtesten Markenzeichen. Aus einer sehr kurzen Entfernung (1 Zoll = ca. 2,54 cm; daher der Name) führte er einen Fauststoß aus, der den Gegner nach hinten fallen ließ. Sein Auftritt sollte zum großen Wendepunkt in seinem Leben werden. Die Vorführung wurde von vielen Menschen, sowohl vor Ort als auch am Fernsehbildschirm, verfolgt.[11] Unter ihnen war auch Hollywood-Starfriseur Jay Sebring, der dem Fernsehproduzenten William Dozier, der auf der Suche nach einem asiatischen Darsteller für seine Fernsehserie (Charlie Chan’s) Number One Son war, von Lees Fähigkeiten und Anziehungskraft auf das Publikum berichtete. Dozier setzte sich mit Ed Parker in Verbindung und bat ihn um die Videoaufzeichnung der Vorführung. Dozier war von der Bühnenpräsenz Bruce Lees ebenfalls sehr angetan und lud ihn umgehend zu Probeaufnahmen nach Los Angeles ein, die zu beiderseitiger Zufriedenheit verliefen. Weil die Batman-Serie seiner Greenway Production Company überaus erfolgreich angelaufen war, entschied sich Dozier jedoch, der Produktion einer weiteren, ebenfalls auf einer Comicfigur basierenden Fernsehserie mit dem Titel The Green Hornet den Vorrang zu geben. Somit musste Lee mehr als ein Jahr lang warten, bis er wieder etwas von Dozier hören sollte.[12]

Am 1. Februar 1965 brachte Linda ihr erstes Kind, Brandon Bruce Lee (李國豪), zur Welt. Lee bezeichnete ihn stolz als den einzigen blonden, blauäugigen Chinesen der Welt. Doch seine Geburt wurde schon eine Woche später von der Nachricht über den Tod von Lees Vater überschattet. Bruce Lee flog umgehend zur Beisetzung nach Hongkong; Linda und Brandon folgten ihm einige Tage später, wo sie dann vier Monate lang im Hause der Lee-Familie wohnten. Lee, der danach strebte, seine Filmkarriere in Hollywood fortzusetzen, blieb währenddessen in ständigem Kontakt mit William Dozier. Im September 1965 flog die junge Familie in die Vereinigten Staaten zurück, wo sie vorerst weitere vier Monate bei Lindas Familie in Seattle verbrachten, bis sie schließlich nach Oakland heimkehrten.[12]

Nach dem „OK“ von Dozier für The Green Hornet zogen Linda und Bruce Lee im März 1966 nach Los Angeles; hier eröffnete Lee in Chinatown das dritte Jun Fan Gung Fu Institute, mit Ed-Parker-Schüler Dan Inosanto als seinem Assistenztrainer. In Los Angeles absolvierte er seinen ersten und einzigen formellen Schauspielunterricht, den die 20th Century Fox für ihn organisierte. Die Serie Green Hornet wurde wegen der geringen Einschaltquoten nach nur sechs Monaten und 26 ausgestrahlten Folgen wieder eingestellt. Dennoch verschaffte die Filmrolle des kampfkunsterfahrenen „Kato“ Bruce Lee eine große Anhängerschaft begeisterter Teenager und auch Erwachsener. Durch Hilfe und Einfluss solch prominenter Hollywoodgrößen wie James Coburn, Steve McQueen und Drehbuchautor Stirling Silliphant, die bei Lee zwischenzeitlich Trainingsstunden nahmen und mittlerweile gute Freunde von ihm geworden waren, konnte er sich durch Gastauftritte in Fernsehserien wie Ironside, Blondie und Here Come the Brides weiterhin im Blickfeld der Öffentlichkeit aufhalten. Gleichzeitig führte seine große Reputation als Kung-Fu-Experte dazu, dass sich einige der besten Karatekämpfer, wie Joe Lewis, Chuck Norris, Mike Stone und Louis Delgado, fachlich mit ihm austauschten und zum Teil Privatunterricht bei ihm nahmen.

1968 hatte er in Marlowe an der Seite von Hauptdarsteller James Garner seinen ersten Auftritt in einem abendfüllenden Hollywoodfilm.[13] Am 19. April 1969 kam Tochter Shannon Lee (李香凝) zur Welt. Im selben Jahr richtete sich Lee mit seiner Idee vom „ultimativen Martial-Arts-Film“ an James Coburn und Stirling Silliphant. Doch trotz anfänglicher Begeisterung seitens Warner Brothers hinsichtlich des Drehbuchs zu Das Geheimnis des blinden Meisters (The Silent Flute) ließ das Filmstudio das Projekt wegen Realisierungsschwierigkeiten schließlich fallen.[14]

1970 begannen Bruce Lee und Stirling Silliphant die Zusammenarbeit zur Pilotfolge der Fernsehserie Longstreet, in der sich Lee in der Rolle des Kampfkunstexperten regelrecht selbst spielte, was ihm eine überaus positive Publikumsresonanz einbrachte. Während eines Kurzbesuchs in Hongkong musste Lee zu seiner Überraschung feststellen, dass er in seiner Rolle als Kato in der Serie Green Hornet auf begeisterten Anklang beim chinesischen Publikum gestoßen war. Die Serie wurde auf allen Kanälen gesendet und aus reiner Begeisterung für ihren Landsmann kurzerhand in The Kato Show umbenannt. Entsprechend groß war das Medieninteresse an Bruce Lee, und daher brachten ihm die vielen Radio- und Fernsehinterviews, die er fortan gab, bald zahlreiche Angebote von Filmproduzenten aus Hongkong und Taiwan ein. Die Shaw-Brüder, die damals nahezu eine Monopolstellung in der Hongkonger Filmindustrie innehatten, unterbreiteten ihm einen Langzeitvertrag, den Lee aber wegen der geringen Gage ablehnte. Fast gleichzeitig machte ihm Raymond Chow, ein aufstrebender Filmproduzent, Eigentümer der Golden-Harvest-Studios und erklärter Konkurrent der Shaw-Brüder, ein lukratives Angebot über zwei Spielfilme, in denen Lee jeweils die Hauptrolle spielen sollte. Obwohl Lee seine filmische Zukunft nach wie vor in den USA sah, willigte er in das Angebot von Raymond Chow ein und nahm im Juli 1971 in Thailand die Dreharbeiten zu seinem ersten Feature-Film Bruce Lee – Die Todesfaust des Cheng Li auf. Die guten Kritiken, die er zwischenzeitlich für seine Rolle in der Pilotfolge von Longstreet erhielt, veranlassten Paramount Pictures dazu, Lees Engagement um drei weitere Folgen zu verlängern. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichnete Lee nach Beendigung der Dreharbeiten in Thailand. Nach Ausstrahlung dieser weiteren Longstreet-Folgen überhäuften ihn sowohl Paramount Pictures als auch Warner Brothers mit verlockenden Angeboten. Trotzdem kehrte er, in Begleitung von Linda und den Kindern, zunächst nach Hongkong zurück, um seinen Vertrag mit Raymond Chow zu erfüllen. Im Oktober 1971 hatte The Big Boss Premiere und wurde auf Anhieb ein großer Erfolg. Der Film schlug alle bis dahin bestehenden Kino-Rekorde des Mandarin-Film-Circuits. Noch im selben Jahr begannen die Dreharbeiten für Lees zweiten Film Bruce Lee – Todesgrüße aus Shanghai (Fist of Fury), welcher bei der Uraufführung im März 1972 wiederum den Einspielrekord von The Big Boss einstellte.

Nach diesen finanziell zwar äußerst erfolgreichen, allerdings während der Dreharbeiten von großen Schwierigkeiten begleiteten Filmen wollte Bruce Lee in seinem nächsten Film eigene Ideen und Ansichten über die Kampfkünste und das Filmemachen umsetzen. So entstand das Drehbuch zu Die Todeskralle schlägt wieder zu. Für diesen Film, der u. a. in Rom gedreht wurde, engagierte er die beiden Karateweltmeister Chuck Norris und Robert Wall. Die von Lee choreografierten Kämpfe sollten in die Filmgeschichte eingehen. Wieder brach Lee mit seinem neuen Film, der 1972 allein in Hongkong mehr als fünf Millionen Hongkong-Dollar einspielte, alle Rekorde. Im Anschluss daran begann er mit den Dreharbeiten zu Bruce Lee – Mein letzter Kampf (Game of Death). Diese wurden jedoch unterbrochen und niemals beendet, da er zwischenzeitlich für die Hauptrolle in Der Mann mit der Todeskralle (Enter the Dragon), einer von Warner Brothers und Golden Harvest eingegangenen, prestigeträchtigen chinesisch-amerikanischen Koproduktion, unterzeichnet hatte. Im Februar 1973 begannen in Hongkong unter der Regie von Robert Clouse die Dreharbeiten zu diesem Film, der Bruce Lee postum die langersehnte Anerkennung in Hollywood bescherte und Anfang der siebziger Jahre den weltweiten „Kung Fu Craze“ auslöste. Als Game of Death 1978 schließlich in die Kinos kam, unterschied er sich völlig von Bruce Lees Originalkonzept. Erst 1999 fand der britische Autor Bey Logan dieses Originalkonzept in den Archiven von Golden Harvest. In dem Dokumentarfilm Bruce Lee – Der Weg eines Kämpfers von John Little aus dem Jahr 2001 sind die wiedergefundenen Filmfragmente erstmals zu sehen.

Obwohl seine Filmkarriere bereits im Alter von drei Monaten begann, bezeichnete Bruce Lee seine Rolle in The Beginning of A Boy, in dem er als Sechsjähriger mitspielte, als sein eigentliches Schauspieldebüt. Im Alter von acht Jahren folgte eine zweite Rolle, die ihm den Beinamen „Lǐ Xiǎolóng“ (Kleiner Drache Lee) einbrachte; unter diesem Namen war er fortan im gesamten Mandarin-Film-Circuit bekannt. In The Orphan hatte er dann schließlich mit 17 Jahren seine erste Hauptrolle. Bis zu seinem 18. Lebensjahr umfasste seine Filmografie bereits 20 Filme.