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In Seite Kastelruth:
"Ersturkundlich wird Kastelruth als „Castellumruptum“ (zerstörte Burg bzw. Siedlung) in einer Traditionsnotiz der Bischofskirche von Säben-Brixen in den Jahren 982–988 genannt, mit welcher Bischof Albuin von Brixen mit dem Bischof Eticho von Augsburg Kircheneinkünfte in Völs, Seis und Kastelruth gegen solche in Siffian am Ritten vertauschte.[1] 1272 wurde die Burg Kastelruth vom Brixner Bischof Bruno von Kirchberg an den Grafen von Tirol Meinhard II. übergeben.[2]
Wie die Ortschaft in früheren Zeiten geheißen hat, ist nicht überliefert; über Aussehen, Bauart und Größe der Burg ist ebenfalls nichts Näheres bekannt. Ohne Zweifel aber stand die vorgeschichtliche Befestigung auf dem im Norden des heutigen Dorfes gelegenen Burgberg, Kofel genannt. Nach Ansicht der Geschichtsforscher dürfte die rätische Siedlung wahrscheinlich zur Zeit des Römereinfalls (15 v. Chr.) oder zur Zeit des Slaweneinfalls (617 n. Chr.) zerstört und später wieder aufgebaut worden sein. Der wuchtige viereckige Turm auf dem Kofel könnte die Stelle bezeichnen, wo sich früher eine befestigte Siedlung befand. Auf dem Gemeindegebiet wurden Reste von Wallburgen gefunden, etwa die sogenannte Burg Niemandsfreund, und Spuren von gemauerten Hütten festgestellt, etwa am Salames.[3]
Kastelruth wechselte mehrmals seinen Besitzer. Nach den Herren von Kastelruth ging das Gebiet in den Besitz Meinhardts II., Grafen von Tirol, über. Dieser überließ es bald dem Edlen Rupert Maulrappen, Besitzer der Feste Wolkenstein in Gröden. Die Linie der Maulrappen starb in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts aus. 1348 wurde Herzog Konrad Teck, Hauptmann an der Etsch, Pfandinhaber von Burg und Gericht. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts waren Burg und Landgericht Kastelruth gemeinschaftliches Eigentum des Adelsgeschlechtes Wolkenstein-Trostburg. Ihm gehörten auch Hauenstein und Salegg sowie ausgedehnte Güter. In dieser Zeit erschienen die ersten abgabenpflichtigen Höfe, „Ronsol“, „Mutz“, „Vall“, „Mallai in Ratzes“ und „Psoi in St. Valentin“. 1490 wird Kastelruth als „dorff zu Castellrutt“ ausdrücklich als Siedlung mit Dorfcharakter bezeichnet.[4]
In der neueren Geschichte von Kastelruth spielt die Familie Kraus von Sala eine hervorragende Rolle. Sie stammt aus Ungarn und ist durch Heirat nach Tirol gekommen. Michael Kraus war Großherr und Edler am Plattensee. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts kam er in die Grafschaft Tirol, kaufte sich hier an und wurde später in die Adelsmatrikel von Tirol eingetragen. Von 1584 bis 1588 war er Pfleger (Richter) auf Hauenstein. Unmittelbar vor seinem Tod machte er die Stiftung für die Armen in Kastelruth, wozu er ein Kapital von 6500 Gulden, der Gulden zu 60 Kreuzer, bereitstellte, das einen jährlichen Zinsertrag von 1000 Kronen gab. Damit mussten in erster Linie Gottesdienste für die Herren von Kraus bestritten werden und mit dem Überschuss sollten die Dorfarmen beschenkt werden (Brot- und Salzverteilung an die Armen jeweils im Oktober jeden Jahres). Am 11. April starb Michael Kraus. Sein Grabstein ist in der Turmkapelle an der Mauer links des Portals befestigt. Jakob Kraus, der Neffe Michaels, errichtete an der Nordseite des Dorfplatzes den mächtigen Ansitz Krausegg, das heutige Gemeindehaus. Die Vorderseite des Hauses zeigt noch das Kraus'sche Wappen. Krausegg wurde 1607, am 2. Juni, durch Kaiser Rudolf II. zum adeligen Ansitz erhoben. Unter der Kraus'schen Herrschaft wurde das alte Römerkastell auf dem Kofel bis auf den Turm abgebrochen. Aus dem Turm schufen sie eine Dorfkapelle, deren unterer Teil dem Hl. Antonius geweiht ist. Der Schlossberg selbst wurde von Georg Kraus in einen Naturpark einbezogen (1675) und die sieben kleinen Kapellen geben ihm das Gepräge eines Kalvarienberges. Im Jahre 1847 starb das Geschlecht in männlicher Linie aus. Durch die Mildtätigkeit und durch die Baulust (die ehemaligen Kraussitze tragen heute noch die Zinnen) hatten sie sich große Verdienste erworben.
Im heutigen Turmwirtshaus erinnert der mit Wappen verzierte Ofen an das Geschlecht: Vier Kraus'sche Porträts schmücken den Gemeindesitzungssaal. Neben den bereits aufgezählten Geschlechtern finden wir noch einige Edelgeschlechter, wie Pray, Lafay und die Stamphart. Die Pray saßen auf den Prayhöfen (Ober- und Unterpray), die heute noch mit den Namen Rauch und Hohenhaus existieren, die Lafay und Stamphart auf den gleichnamigen Höfen. Die Lafay hatten im ausgedehnten Mittelalter das Richteramt inne. Kastelruth besaß nämlich in alter Zeit das Landesgericht mit höherer Gerichtsbarkeit, denn es übte auch den Blutbann aus und hatte einen Galgen. Der Galgenhügel war am Telfnerbühel. Meistens waren Erbstreitigkeiten, Ehezwiste und sonstige Delikte Anlass von Verhandlungen. Eine besondere Rolle spielen die Hexenprozesse.
Erwähnenswert scheint, dass einige Höfe dem Landgericht gegenüber zu besonderen Leistungen verpflichtet waren. So oblag es z. B. dem jeweiligen Besitzer des Mesnerhofes in St. Michael, die schuldigen Personen gefangen zu halten, sie zu züchtigen, zu binden u. a. m. Durch die jährliche Abgabe von einem Star Weizen und zwei Star Roggen konnte er sich allerdings von dieser leidigen Aufgabe befreien. Ähnliche Verpflichtungen hatten der Fill-, Ritsch- und Malsinhof in St. Michael. Die letzte Urteilsvollstreckung des Landesgerichts Kastelruth erfolgte 1778, wobei ein gewisser Peter Insam wegen Brandstiftung mittels Strang und Scheiterhaufen hingerichtet wurde. Bis ungefähr zum Jahre 1924 hatte Kastelruth ein eigenes Bezirksgericht, das aber dann nach Klausen verlegt wurde.
Die ergiebigste Erwerbsquelle für die Bewohner dieses Landesgerichtes war die Viehzucht, unterstützt von den weiten und futterreichen Alpen- und Bergwiesen. Aus Kastelruth-Völs-Gröden wurden jährlich an die 1600 gemästete Rinder nach Bozen und in das italienische Tirol verkauft und der Bestand an Kühen überschritt diese Zahl um das Dreifache.
In Kastelruth hat schon im frühen Mittelalter eine Kirche bestanden. Um das Jahr 1191 wird erstmals die Pfarrei Sankt Peter erwähnt. Diese wurde im Jahre 1823 zum Dekanat erhoben. Der Pfarrbezirk des Dorfes mit der nächsten Umgebung hieß St. Peter-Malgrei. Unter Malgrei verstand man das Gebiet all jener Höfe, die zur selben Kirche gehörten.
Am 24. Mai des Jahres 1752 (oder 1753) wurde der Ort von einem furchtbaren Brand heimgesucht, dem die Pfarrkirche, der Turm und ein Großteil des Dorfes zum Opfer fielen. Das Dorf wurde wieder neu aufgebaut. Der heutige Turm steht an der Stelle des früheren gotischen Turmes, der beim Großbrand so stark gelitten hat, dass nach der Urkunde des Pfarrarchivs sämtliche acht Glocken geschmolzen sind.
Im Jahre 1835 ging der Kofel an die Gemeinde über und dient heute hauptsächlich als Aufenthaltsort für Touristen sowie als beliebter Tummelplatz für Dorfjugend.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Dorfwasserleitungen gelegt, um das Jahr 1905 das elektrische Licht installiert.
Aufgrund der Niederlage Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg und des Vertrages von Saint-Germain kam der Ort zusammen mit Südtirol 1920 zum Königreich Italien.
Im Jahr 1925 wurde die alte Postkutsche vom Postauto abgelöst, während bis dahin in Kastelruth jeglicher Autoverkehr verboten war.
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