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In Seite Dyskalkulie:
"Eine Dyskalkulie tritt bei fünf bis sieben Prozent der Weltbevölkerung auf.[1]
Dyskalkulie sagt nichts über die Intelligenz des Betroffenen aus. Oftmals finden sich unter ihnen besonders begabte Menschen mit überdurchschnittlichem IQ.[2] Ebenso wenig ist bei Dyskalkulie die Fähigkeit zur Beweisführung in der höheren Mathematik zwingend beeinträchtigt. Vieles deutet in der aktuellen Forschung darauf hin, dass arithmetische und mathematische Fähigkeiten voneinander getrennt sind. So kann es sein, dass ein Dyskalkuliker Schwierigkeiten bei der Bearbeitung von arithmetischen Problemen hat, jedoch ohne Beeinträchtigung oder sogar mit einer Begabung abstrakte mathematische Probleme lösen kann.[2]
Die Annahme der Unabhängigkeit von Intelligenz und Dyskalkulie hat auch in den medizinischen Diagnosesystemen ICD und DSM Eingang gefunden. Dies wird jedoch dahingehend kritisiert, dass bis heute noch nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Ursachen und Förderungsmaßnahmen für Dyskalkulie mit normaler Intelligenz andere sind als für Rechenschwächen mit niedrigerer Intelligenz.[3]
Die Weltgesundheitsorganisation hat das Erscheinungsbild „Dyskalkulie“ in ihre internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen.[4]
Über die Frage, ob Dyskalkulie als Krankheit oder gar als Behinderung behandelt werden sollte, gibt es unter Wissenschaftlern Kontroversen: Insbesondere Neurobiologen betonen, dass Prozesse, die im Gehirn beim Lesen, Schreiben oder Rechnen ablaufen, bei Betroffenen von einer Dyskalkulie anders ablaufen als bei anderen und dass diese „Fehlfunktionen“ von der WHO als „Krankheit“ bewertet würden. Die Dyskalkulie ist aufgrund der Einschätzung der WHO international als psychische Erkrankung anerkannt. Demnach handelt es sich um ein kompensierbares Verständnisproblem im arithmetischen Grundlagenbereich (Mächtigkeitsverständnis, Zahlbegriff, Grundrechenarten, Dezimalsystem), wobei die Betroffenen mit ihrer subjektiven Logik in systematisierbarer Art und Weise Fehler machen, die auf begrifflichen Verinnerlichungsproblemen beruhen, was im Prinzip durch gezielte Maßnahmen aufgelöst werden kann. Dabei lassen sich die Erscheinungen Nominalismus, Mechanismus und Konkretismus beobachten.
„Auflösbare“ Probleme bei Teilleistungsstörungen wie der Dyskalkulie sind aber ein Indiz dafür, dass keine Behinderung vorliegt. Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX liegt eine Behinderung nur dann vor, wenn aller Voraussicht nach die Störung sechs Monate nach ihrer Feststellung noch vorhanden sein wird. Dennoch behauptet eine Förderschule, es sei möglich, vom zuständigen Versorgungsamt für ein Kind mit der Diagnose Dyskalkulie einen Behindertenstatus zu erreichen, und zwar bis zu einem Grad der Behinderung von 50.[5]
Das Verwaltungsgericht Hannover sieht in der Dyskalkulie keine Form der Behinderung. Es stellte in seinem Beschluss vom 10. Februar 2012 fest: „Schulische Teilleistungsstörungen (hier: Lese-Rechtschreibschwäche – LRS) stellen für sich genommen keine seelischen Störungen im Sinne des § 35a SGB VIII dar.“[6] Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe bestehe erst dann, wenn eine Teilleistungsschwäche zu einer „sekundären Neurotisierung“ geführt habe.
Wolfram Meyerhöfer vertritt die These, dass „nicht der Kopf der Kinder […] das Problem“ sei.[7] Die Kategorien Legasthenie und Dyskalkulie dienten, so die LegakidsStiftung, die Meyerhöfers Ansicht verbreitet, nicht dazu, „um die damit verbundenen Lernphänomene zu verstehen, sondern um Fragen der Ressourcenzuweisung zu bearbeiten.“ Der Hintergrund dieses Verfahrens bestehe darin, „dass eine fachärztliche Bescheinigung Voraussetzung dafür ist, dem Kind in der Schule einen Nachteilsausgleich zu gewähren.“ Die LegaKidsStiftung warnt davor, Legastheniker als „krank“ oder „behindert“ einzustufen, da eine amtliche Bestätigung dieses Status die Betroffenen unangemessen stigmatisiere.[8] Die Stiftung wird vom deutschen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.[9] Ihre Argumentation kann auch auf Schüler mit der Diagnose Dyskalkulie angewandt werden.
Dyskalkulie darf nicht mit dem Zahlenanalphabetismus verwechselt werden: Letzterer bezeichnet das rechnerische Unvermögen und die Schwäche, Sachverhalte in Zahlen darzustellen beziehungsweise zahlenmäßig dargestellte Sachverhalte zu verstehen.
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