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In Seite Königreich Westphalen:

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Die Reformen waren nur begrenzt erfolgreich, da der ständige Geld- und Menschenbedarf für die napoléonischen Kriege das Land wirtschaftlich ausbluten ließ. Die Finanzen des Königreiches wurden durch ständige Kontributionen an Frankreich zerrüttet. Zudem überließ Napoleon gegen den Willen reformorientierter Minister und Jeromes einen Großteil der einst steuerpflichtigen Güter französischen Offizieren als Apanagen. Für die Verwaltung dieser Dotationsdomänen setzte Napoleon nicht nur eine eigene Kommission ein, sondern sorgte im Zweifel sogar dafür, dass dort die Westphälischen Untertanenrechte gar nicht erst in Kraft traten. Gebiete mit reformierten Eigentumsrechten, abgeschafften Bannen und Gerechtigkeiten lagen direkt neben Orten und Ländereien, an denen ebendiese patrimonialen Privilegien weiterhin galten. Infolge der zerrütteten Finanzen und eines drohenden Staatsbankrotts kam es zur Ausgabe von Zwangsanleihen, den Obligationen des Königreichs Westphalen. Die Rolle der finanziellen und militärischen Belastungen wird allerdings durch neuere Studien relativiert und anders eingeschätzt.

Die starke finanzielle Belastung des Staatshaushalts war zwar ein Problem vieler Staaten dieser kriegerischen Zeit, gehörte allerdings auch zu jenen Herausforderungen, die zur Modernisierung zwangen. Die Finanznot des Königreichs Westphalen beschleunigte die Säkularisation der Kirchengüter, die von reichen Bürgern wie dem Magdeburger Kaufmann Nathusius erworben wurden, der als ein Pionier der deutschen Industrie gilt. Davon abgesehen, vereinheitlichte der westphälische Staat schrittweise das Steuersystem in den vorher sehr unterschiedlich verfassten Landesteilen. Gerade in vielen ehemals preußischen Gebieten wurde die westphälische Verbrauchssteuer als wesentlich geringer und weniger drückend empfunden als die vorherige Akzise. Die Grundsteuer, die auf den Einkünften von Grund und Boden lastete, wurde nun auch von den ehemals steuerbefreiten adligen Standesherren verlangt.

Die Versuche der ehemals Privilegierten, sich einer ihren Einkünften entsprechenden Besteuerung zu entziehen, scheiterten meist an der Effizienz der westphälischen Finanzverwaltung, die sich auf die Unterstützung breiter Kreise der Bevölkerung bei der Abschätzung des tatsächlichen steuerbaren Einkommens der Betreffenden stützen konnte. Im Rahmen einer großen 1811 und 1812 durchgeführten Neueinschätzung der Steuerbeträge erhöhte sich die Grundsteuer vieler adliger Güter noch, während sie in Regionen, wo die Besteuerung in vorwestphälischer Zeit schwer war, bei vorher nicht befreiten Bürgern sogar sank, wie in der Altmark. Vorher gering besteuerte Provinzen hatten meist eine mäßige Erhöhung zu verzeichnen. Der Anteil der Grundsteuer an den Einkünften durfte laut der Verfassung 20 % nicht übersteigen. Die von früheren Historikern geschätzten Anteile des weggesteuerten Einkommens aller Steuerarten werden heute als übertrieben angesehen. Die als unbarmherzig geltende westphälische Finanzverwaltung verdankt ihr Bild in der Geschichte zum Teil der kritiklosen Übernahme der Zeugnisse der ehemals privilegierten Standesherren.

Bespitzelung und polizeistaatliche Unterdrückung sollten die Bürger, die die neuen Herrscher zum Teil erbittert ablehnten, zur Raison bringen. In Kurhessen kam es bereits seit 1806/07 wiederholt zu Aufständen der Bevölkerung und Widerstandshandlungen in den verschiedensten Orten. Diese Aufstände richteten sich hauptsächlich gegen die Konskription, die zuvor weitgehend unbekannte allgemeine Wehrpflicht. Der Aufstand von 1809 unter Führung von Wilhelm Freiherr von Dörnberg war die umfangreichste dieser Erhebungen. Im gleichen Jahr versuchte auch Friedrich Wilhelm von Braunschweig, das Herzogtum seines Vaters zurückzuerobern. Die Bevölkerung schloss sich jedoch seiner Schwarzen Schar nicht an, u. a. weil König Jerome mit Katharina von Württemberg eine Enkelin des alten Herzogs geheiratet und sich zusätzliche Legitimation verschafft hatte.

Die Resonanz des neuen Staates bei der Bevölkerung war regional und lokal unterschiedlich. Nicht in jeder Region stießen alle Reformen auf Gegenliebe. Die negative Reaktion vieler Einwohner Kurhessens scheint sich deutlich von jener der ehemaligen Preußen abzuheben, die recht bereitwillig Einrichtungen des neuen Staats akzeptierten. Eine andere Entwicklung nahmen indes Gebiete mit religiöser Diaspora. Durch die Zusammenlegung von Verwaltungsgebieten unterschiedlicher Konfession kam es immer wieder zu verschiedenartigen Vorstellungen der Einwohner über gerechtes Verwaltungshandeln. Konflikte, die so häufig nicht gewalttätig zu Tage traten und auf den ersten Blick keine überregionale Wirkung entfalteten, sorgten gebietsweise für komplett andere Einstellungen der Bevölkerung zum Staat und für eine eigene Entwicklung in die Moderne. Deutlich zeigte sich das in katholischen Enklaven in sonst protestantischen Gebieten, wie in dem ehemals kurmainzischen Fürstentum Eichsfeld. Hier sahen es die Bürger zunehmend als Aufgabe des Staates an, ihre Rechte auf Mitbestimmung an der Liturgie und der Priesterwahl zu vertreten und zu schützen.[1]