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In Seite Black Metal:
"Der Black Metal greift in vielerlei Hinsicht Elemente der Romantik auf: Neben der Suche nach spiritueller Entfaltung des eigenen Selbst tritt eine generelle Sehnsucht nach der Natur zutage – offen zu sehen an der häufigen Motivgebung verschneiter, nebliger Wälder. Auch ein generelles Interesse an der heimischen Kultur seitens vieler Black-Metal-Anhänger, insbesondere an vorchristlicher Geschichte und Religion, zeugt von Parallelen zur Romantik, die letztlich auch in den romantischen Gemälden Theodor Kittelsens sichtbar wird, die unter anderem von Burzum, Empyrium und Carpathian Forest als Plattencover verwendet wurden. Unter dem Einfluss der sehr patriotischen norwegischen Romantik entdeckten einige Norweger für sich die Religion ihrer Vorfahren wieder. So lautet eine Passage aus dem Lied A Blaze in the Northern Sky von Darkthrone frei übersetzt: „Man brauchte ein Jahrtausend, um uns die Botschaft des Gekreuzigten zu bringen. 1.000 Jahre sind seitdem vergangen; die nächsten 1.000 Jahre sind unser!“, und das Lied Unleashed Axe-Age von der österreichischen Band Abigor handelt von Ragnarök, wobei die behandelten Geschehnisse für die Band „nichts als interessantes thematisches Material“ sind.[1] Auch auf Fantasy beruhende eskapistische Momente treten im Black Metal auf; einige Bands wie Burzum, Summoning und Rivendell befassen sich textlich mit den Büchern des Fantasy-Autors J. R. R. Tolkien.
Bands wie In the Woods… und Enslaved bezogen sich ausschließlich auf das Heidentum ohne Elemente des Satanismus. Ebenso entstand in Deutschland eine Reihe heidnischer Bands wie Falkenbach, Adorned Brood, Tumulus, Bergthron und Menhir. Diesen Weg gingen auch Black Messiah und Andras, die als Black-Metal-Bands gegründet worden waren. Aus der Black-Metal-Szene kapselten sich dementsprechend unter anderem die Substile Pagan Metal und Viking Metal ab. Teilweise artet das Interesse an Romantik und Heidentum in nationalistischen Ideologien aus, was die Entstehung des NSBM begünstigte. Hendrik Möbus von der NSBM-Band Absurd erklärt die Hinwendung zum Heidentum durch eine Bewusstwerdung der sich u. a. in den Kirchenbränden äußernden Emotionen.[2] Bands mit heidnischen Texten, besonders solche, die sich dem Black Metal zuordnen, werden aber vielfach vom Kern der Black-Metal-Szene verachtet,[3][4] der diese als traditionell rein satanisch für sich beansprucht.[5][6] Dasselbe gilt für andere nicht satanische, sich dem Black Metal zuordnende Bands.[5][6] Umgekehrt treffen satanistische Bands bei heidnischen Gruppen oft auf Ablehnung, da diese den Satanismus als Teil des verhassten Christentums betrachten. So lehnt der größte Teil der NSBM-Szene Satanismus als Grundlage des Black Metal ab,[7][8][9][10][11][12] bemüht sich um eine Paganisierung der Szene[12] und bekämpft nicht-heidnische Bands.[12]
Ein wichtiges Charakteristikum ist ein gewisser Elitarismus, da man sich als der allgemeinen Masse überlegen ansieht.[13] Einige Bands wie Satyricon oder Gorgoroth treten in ihren Texten und Statements teilweise für sozialdarwinistische Gedanken ein. So meinte King ov Hell (ehemaliger Bassist von Gorgoroth) im Namen seiner Band, dass der Mensch um jeden Preis sich selbst erfüllen muss, selbst wenn dies Mord erfordere.[14]
Aus Sicht des Sozialwissenschaftlers Martin Langebach ist Black Metal primär eine „kulturelle Ausdrucksform für eine kulturkritische bis -pessimistische Gesellschaftssicht, die sowohl die Zerstörung der Natur als auch die Macht der Kirche anklagt, ihren Humanismus und Kollektivismus und den Kapitalismus mit seinen Trends und Moden verachtet“. Diesem stellt Black Metal konstitutiv einen „radikalen Nihilismus und Individualismus“ entgegen.[15] Allerdings verherrlichen Black-Metal-Anhänger auch die von der Inquisition oder totalitären Regimen ausgehende Unterdrückung.[16][17][18][19] Benjamin Hedge Olson, der seine Masterarbeit über Vielfalt, Mystik und Identität im Black Metal schrieb, sieht in diesem einen Konflikt zwischen radikalem Individualismus und Gruppenidentität mit dem Versuch, beide Pole simultan zu akzeptieren, und eine Kritik am modernen Rationalismus und Säkularismus.[20][21] Letztlich gibt es auch Black-Metaller, die die Idee einer „Szene“ fundamental ablehnen, da dies dem individualistischen Grundgedanken des Black Metal widersprechen und das Individuum zur Anpassung und Konformation zwingen würde. Auch Aaron Patrick Mulvany schreibt in seiner Masterarbeit, Black Metal könne nicht generell als Szene definiert werden, wenn eine solche über ihren geographischen Raum und eine Gemeinschaft über ihre Mitgliedschaft definiert werde; im Nordosten der Vereinigten Staaten beispielsweise existiert eine ausgeprägte Gemeinschaft, aber kaum Bands und Auftritte und damit keine Musikszene. Der Metal-Untergrund wird in einer Studie von Thomas Gencarelli als global und durch diverse Medien vernetzt beschrieben; in einer Gemeinschaft, in der es mitunter keine Live-Auftritte gibt, bekommen Aufnahmen und andere Kommunikationswege eine zentrale Bedeutung.[22]
Black Metal versteht sich als nicht massentaugliche Untergrundmusik und zugleich Lebenseinstellung für Gleichgesinnte. Als Ausdruck dieser abgrenzenden Identität entstand ein Kodex der „Trueness“. Die „Trueness“ eines Black-Metallers stellt den Grad der ideologischen Authentizität dar. Tatsächlich ist der Kodex der „Trueness“ im Black Metal weitaus rigider und ausgeprägter als in anderen Metal-Stilen, weshalb dieser Kodex Opfer vieler szeneninterner und -externer Satiren wurde. Die extreme Ideologie und Symbolik tragen einerseits dafür Sorge, dass der harte Kern der Black-Metal-Szene niemals Massenkompatibilität erreichen wird, andererseits wirken diese in vielerlei Hinsicht auch anziehend auf Jugendliche, die darin einen Weg finden, gegen ihre Umwelt und ihre Eltern zu rebellieren.
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