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In Seite Gestaltpsychologie:

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Der Philosoph Felix Krueger und der Psychologe Friedrich Sander gründeten die sogenannte „Zweite Leipziger Schule“ der Gestaltpsychologie. Zur Besonderheit dieser Schule zählt der intensive Einbezug der menschlichen Bewegung in das Forschungsvorgehen unter Leitung von Otto Klemm. Während die Berliner Schule die Auffassung der Erlebensimmanenz vertrat, nach der Erlebnisse aus Erlebnissen hervorgehen, waren die Leipziger der Meinung, Erlebnisse seien durch erlebensjenseitige Gegebenheiten bedingt. Sie setzten einen Bereich transphänomenalen seelischen Seins an, den sie „Struktur“ nannten. Konkretere Ausführungen dieser Annahme gab es nicht; bekannt sind die allgemeinen Ausführungen zum „Problem des seelischen Seins“ von Albert Wellek. Dabei ist es besonders problematisch, dass Sander die von ihm postulierten Gestaltgesetze in einem ideologisch überfrachteten Zusammenhang zur Propagierung nationalsozialistischer Weltanschauung nutzte. Die von ihm postulierte Tendenz zur „guten Gestalt“ war nach seinen Schriften nicht nur eine universelle Tendenz, „gestaltfremdes“ aus der persönlichen Wahrnehmung zu eliminieren. Vielmehr war die von Sander postulierte Gestaltschließung auch dort ein quasi naturgegebenes Phänomen, wo etwa die „gute Gestalt“ des deutsch-arischen Volkes alles „gestaltfremde“ (wie etwa Juden, Kommunisten, Homosexuelle etc.) abzutöten tendierte. So befürwortet Friedrich Sander die „Ausschaltung des parasitisch wuchernden Judentums“ und die Zwangssterilisierung von Deutschen mit „minderwertigem Erbgut“ als Ausdrucke eines „Willens zur reinen Gestalt deutschen Wesens“ (Nationalsozialistisches Bildungswesen, 1937).

Sander (und sein Institut) wurde mit Untersuchungen über visuelle Aktualgenese bekannt, die in einer Stufen-Differenzierung des Perzepts bei kontinuierlicher Reizsteigerung bestand. Weder Krueger noch Sander versuchten, die Abfolge der entstehenden Gestaltqualitäten irgendwelchen bedingenden strukturellen Gegebenheiten zuzuordnen. Sowohl der aktualgenetische Forschungsansatz als auch die „Strukturtheorie“ sind der Vergessenheit anheimgefallen und werden von der Mehrheit nicht mehr diskutiert.

Lediglich die Arbeiten Otto Klemms (1884–1939) und seiner Mitarbeiter und Promovenden zur menschlichen Motorik konnten sich im wissenschaftlichen Diskurs bis in die Gegenwart hinein halten und werden mit einer durchgängigen Kontinuität in der Arbeits- und Bewegungswissenschaft zitiert. Sie basieren zwar auf dem Gedankengut der Ganzheitspsychologie, enthalten sich jedoch weitestgehend irrationalistischer Überhöhungen und ideologischer Verfügbarmachung im Rahmen des Nationalsozialismus. Die Erkenntnisse sowie die äußerst sorgfältige und für die damalige Zeit vorbildhafte Methodik beanspruchen auch heute noch Gültigkeit.[1]

Zudem erfahren die Arbeiten Felix Kruegers, nach 1945 lange Zeit ohne bedeutsamen Widerhall in der Psychologie, aktuell eine zögerliche Neubewertung im Zusammenhang mit der psychotherapeutischen Praxis. Insbesondere seine Ausführungen zur Gefühlstheorie und seine Betonung der Ganzheitlichkeit sind in diesem Kontext durchaus attraktive Konzepte einer heilenden Arbeit am und mit dem Menschen.[2]