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In Seite Vertrag von Nizza:
"Die Zusammensetzung und Funktionsweise der Organe der Europäischen Gemeinschaften war seit 1957 bis in die 1990er Jahre wenig verändert worden, obwohl sich die Zahl der Mitgliedstaaten von ursprünglich 6 auf 15 erhöht hatte und die Europäische Union durch den Vertrag von Maastricht 1992 deutlich mehr Aufgaben wahrnahm als zu Beginn der Integration.
Ende der 1990er Jahre war wegen der geplanten Osterweiterung der Europäischen Union von einer Zunahme der Zahl der Mitgliedstaaten von 15 auf bis zu 27, also auf annähernd das Doppelte, auszugehen. Dies hätte ohne Reform den institutionellen Rahmen der Union gesprengt und ihre Handlungsfähigkeit gefährdet: In einer Union der 27 hätte die Europäische Kommission nach den in Maastricht verabschiedeten Regeln 33 Mitglieder gehabt und die Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments wäre auf mehr als 800 gestiegen. Besonders die Beibehaltung des Prinzips der Einstimmigkeit der Beschlüsse im Rat hätte bei 27 Mitgliedern kaum noch Entscheidungen zugelassen.
Bereits der Vertrag von Amsterdam 1997 hätte die Europäische Union „fit“ für die Erweiterung machen sollen, doch die Mitgliedstaaten konnten sich damals nicht auf alle notwendigen institutionellen Reformen einigen. Amsterdam brachte zwar eine Stärkung des Europäischen Parlaments sowie eine Verkleinerung auf 700 Sitze nach der Osterweiterung. Zudem sollte sich die Kommission nach der ersten Erweiterung nur noch durch einen EU-Kommissar pro Mitgliedsland konstituieren. Auch wurde eine leichte Erweiterung der Bereiche, in denen im Rat Mehrheitsentscheide möglich sein sollten, beschlossen. Dennoch waren die Reformen nicht ausreichend, insbesondere im Fall der Größe und Zusammensetzung der Kommission, die auch nach Amsterdam durch eine Erweiterung mit 12 Staaten auf 27 Mitglieder ansteigen würde und stärker mit Effizienzproblemen zu kämpfen hätte. Die erneute Ausweitung der Mehrheitsentscheide musste beschlossen werden sowie die Stimmengewichtung der Mitgliedstaaten im Rat. Zudem sollte auch die Größe des Parlamentes neu verhandelt werden. Die durch diese sogenannten Amsterdam left-overs nötig gewordene Regierungskonferenz zur Reform der Europäischen Verträge begann am 14. Februar 2000 und sollte mit der Tagung des Europäischen Rates vom 7. bis 9. Dezember 2000 in Nizza zum Abschluss kommen. Die Frage der zukünftigen Stimmenverteilung im Rat blieb bis zu dieser Tagung offen. Nach teilweise zähen Verhandlungen besonders um diese Stimmengewichtung (Belgien, das eine Stimme weniger [12] als der Nachbar Niederlande [13] erhielt, konnte zum Beispiel nur durch das Zugeständnis der Erklärung Nr. 22 zum Tagungsort des Europäischen Rates: „Ab dem Jahr 2002 findet eine Tagung des Europäischen Rates unter jedem Vorsitz in Brüssel statt. Sobald die Union achtzehn Mitglieder zählt, finden alle Tagungen des Europäischen Rates in Brüssel statt.“ zum Einlenken bewogen werden) konnte sich der Rat unter dem Druck der bevorstehenden Erweiterung schließlich einigen. Unterzeichnet wurde der ausgearbeitete Vertrag am 26. Februar 2001, er trat in Kraft am 1. Februar 2003, die Abstimmungsregeln im Rat gelten seit 1. November 2004.
Trotz heftiger Diskussionen blieb es in der Kommissions-Regelung bei den in Amsterdam beschlossenen Bestimmungen. Ab 2005 sollte jeder EU-Mitgliedstaat nur noch ein Mitglied stellen dürfen. Die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments wurde hingegen neu geregelt. Durch die Erweiterung der EU auf 27 Mitgliedstaaten sollten als neue Höchstgrenze 732 Sitze bestimmt werden. Die Verkleinerung des Parlamentes sollte dabei insgesamt 91 Sitze umfassen, lediglich Deutschland und Luxemburg sollten ihre Sitze behalten dürfen. Die Befugnisse des Europäischen Parlaments wurden zur Umsetzung der schon länger geforderten Demokratisierung der Union erweitert. Mit Ausnahme bestimmter Bereiche wie der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik oder der Steuer-, Asyl- und Einwanderungspolitik, für die nach wie vor Einstimmigkeit erforderlich war, wurden Ratsentscheidungen nun mit qualifizierter Mehrheit getroffen. Dazu wurden für die einzelnen Staaten Stimmenzahlen festgelegt (siehe Tabelle). Für die qualifizierte Mehrheit waren 232 der 321 Stimmen bzw. nach dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien 258 der 345 Stimmen erforderlich, außerdem die Zustimmung von zwei Dritteln der Staaten bzw. bei Beschlüssen, die auf Vorschlag der Kommission zu fassen waren, die Zustimmung einer einfachen Mehrheit der Staaten. Außerdem konnte ein Mitglied verlangen, dass geprüft wurde, ob diese Mehrheit mindestens 62 % der Bevölkerung der EU umfasste; war das nicht der Fall, galt der Beschluss als nicht zustande gekommen.
Die ausgehandelte z. T. recht willkürlich erscheinende Stimmengewichtung für den Rat war in der Folge größter Kritikpunkt am Vertrag von Nizza. In diesem Punkt hat der Europäische Verfassungskonvent die Einführung des Verfahrens der Doppelten Mehrheit vorgeschlagen, was nur gegen großen Widerstand der im Vertrag von Nizza besonders begünstigten Staaten Spanien und Polen gelang. Nach dem Scheitern des Verfassungsvertrags wurde das Prinzip der Doppelten Mehrheit in den Vertrag von Lissabon übernommen und gilt seit 2017 ohne Ausnahmen.
Im Rahmen der Konferenz von Nizza wurde außerdem die Charta der Grundrechte der Europäischen Union proklamiert, die aber erst mit dem Vertrag von Lissabon Rechtsverbindlichkeit erlangte.
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