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In Seite Kurt Ziesel:
"Hauptbeschäftigung des streit- und prozesslustigen Ziesel wurden in den ersten Jahren der Bundesrepublik Enthüllungen über die tatsächliche oder angebliche nationalsozialistische Vergangenheit früherer Autorenkollegen. Dabei richtete sich sein Verfolgungstrieb primär auf Journalisten, „die sich im Tausendjährigen Reich zum Erbrechen militaristisch, nationalistisch, antijüdisch betätigt haben – obwohl sie nach ihren eigenen Aussagen immer dagegen waren – und die diesen bereitwilligen Verkauf ihrer journalistischen Würde heute damit kompensieren, daß sie gegen jene pharisäische Feldzüge führen, die damals reinen Herzens an das glaubten, was sie taten und schrieben.“[1] Dabei benutzte Ziesel alle juristischen Möglichkeiten. Kritik an seinem Verhalten kam von Kollegen wie Heinrich Böll.[2] Seine zahllosen Gegendarstellungen, Strafanzeigen, einstweiligen Verfügungen und Prozesse führten schließlich sogar zu einer Änderung des deutschen Presserechts, um zukünftig mutwillige Eingriffe in die Funktionsfähigkeit der Presse zu unterbinden.
Opfer der Klagewelle Ziesels waren u. a. Schriftsteller wie Günter Grass und Politiker wie der damalige Bundestagsvizepräsident Carlo Schmid und Ex-Bundeskanzler Willy Brandt. Im „Fall Grass“ erstattete Ziesel 1962 Anzeige, nachdem er dessen Novelle Katz und Maus gelesen hatte. Begründung: Er habe darin „Schweinereien“ entdeckt, „die ein normaler Mensch nicht einmal in Abortwände einzuritzen wagt“. Das Verfahren wurde von der Koblenzer Staatsanwaltschaft im März 1963 eingestellt. Anfang 1967, Grass war inzwischen im SPD-Wahlkampf aktiv, wärmte Ziesel den Vorgang wieder auf, woraufhin Grass auf Unterlassung klagte. In einer mehrinstanzlichen juristischen Auseinandersetzung wurde Ziesel zwar verboten, Grass als „Pornograph“ zu bezeichnen, durfte ihn aber weiterhin als „Verfasser übelster pornographischer Ferkeleien“ und von „Verunglimpfungen der katholischen Kirche“ bezeichnen.[3] 1974 stellte Ziesel Strafanzeige gegen den kurz zuvor zurückgetretenen Bundeskanzler Willy Brandt wegen fahrlässiger Preisgabe von Staatsgeheimnissen. Obwohl juristisch abgewiesen, wiederholte er die Attacke in den Jahren 1976 und 1977.
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