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In Seite Burg:

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Die Blütezeit des Burgenbaus war das Hoch- und Spätmittelalter. Aus dieser Zeit stammt der größte Teil der heute erhaltenen Burgen und Ruinen. In Deutschland gab es im 14. Jahrhundert rund 13.000 Burgen, etwa 1000 davon wurden im Deutschen Bauernkrieg zwischen 1524 und 1526 zerstört. Lediglich die Hälfte der damaligen Burgen ist aus Urkunden namentlich bekannt. Heute sind von den noch vorhandenen Burgen 40 % als Burgruinen vorhanden, nur 10 % sind vollständig erhalten. Der Kunsthistoriker G. Ulrich Großmann spricht von Zählungen, die insgesamt 25.000 Burgen im deutschsprachigen Raum und 40.000 Burgen in Mitteleuropa angeben, welche nachweislich errichtet wurden. Schätzungen gehen von einer noch größeren Anzahl aus.[1][2][3] Das Europäische Burgeninstitut widmet sich als wissenschaftliche Einrichtung der Deutschen Burgenvereinigung der Erforschung der historischen Wehr- und Wohnbauten und arbeitet mit anderen Institutionen gleicher Zielsetzung in Europa zusammen. In den letzten Jahren wurde der Aufbau der internationalen Burgen-Datenbank „EBIDAT“ zu einer wichtigen Aufgabe.[4]

Der Burgenbau gehörte aufgrund der schwachen Infrastruktur des mittelalterlichen Europas zu den wichtigsten Mitteln der Machtausübung, weshalb er zu den Königsrechten (Regalien) zählte. Manche Herrscher ließen Zwingburgen in aufrührerischen Gebieten oder auch Städten errichten. Dagegen waren die Pfalzen des Hochadels und der Kaiser ursprünglich nur schwach befestigt. Waren die Könige der meisten europäischen Länder stark auf den Erhalt ihres Vorrechts zum Burgenbau bedacht, ging dieses Recht im Heiligen Römischen Reich während des Spätmittelalters meist als Reichslehen oder Pfand auf die Territorialfürsten über. Diese errichteten sich Residenzburgen und sicherten und erschlossen ihre Territorien darüber hinaus durch zahlreiche kleinere Burgen, die sie von angestellten Burgmannen oder belehnten Ministerialen erbauen und besetzen ließen.

Die Burgen erfüllten nicht nur militärische, sondern auch verwaltungstechnische und wirtschaftliche Funktionen. Sie waren rechtlicher Mittelpunkt eines Güterkomplexes von unterschiedlicher Größe und Struktur, Mittelpunkt eines raumerfassenden Systems von herrschaftlichen Rechten und Pflichten, Personalverbänden, Gerichtsbefugnissen, Jagdrechten und allerlei Nutzungsrechten und anderen Einnahmequellen, Zentrum landwirtschaftlicher und handwerklicher Arbeiten und Gewerbe, bisweilen auch Inhaber von Ausbeutungsrechten an Bodenschätzen (Eisen, Silber, Gold u. ä.). Rodungsburgen entstanden in der Rodungszeit zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert in großer Zahl in den sich bildenden Rodungsinseln inmitten kaum besiedelter Urwälder.

Wirtschaftliche Bedeutung hatten auch Zollburgen und Talsperren, die den Straßenzwang durchsetzten und mit ihrem Wegzoll den Ausbau und Erhalt von Handelswegen sicherten – eine wesentliche Voraussetzung für den Aufschwung im Hoch- und Spätmittelalter.

Im Umland einer Burg galt der so genannte Burgfrieden, der Fehden streng untersagte. Durch den Burgbann war die im Einzugsbereich einer Burg lebende Bevölkerung zum Frondienst verpflichtet. Dieser bezog sich überwiegend auf den Wehrdienst und insbesondere auf alltägliche wirtschaftliche – darunter auch durchaus kuriose – Tätigkeiten. Auf der Burg Křivoklát wurden z. B. konkrete Personen verpflichtet, Grummet für den königlichen Abort bereitzustellen oder Singvögel zur Vergnügung der Königin zu züchten.[5]

Die Bauzeiten bewegten sich zwischen wenigen Wochen für eine kleine Holz- und vielen Jahrzehnten für eine große Feudalburg. Eine kleinere Steinburg dürfte in drei bis fünf Jahren bezugsfertig gewesen sein und wurde später meist noch ausgebaut. Im Idealfall verwendete man das am Ort anstehende Baumaterial. Die Werksteine konnten gegebenenfalls bereits beim Grabenaushub gewonnen werden, oft haben sich auch Steinbrüche in unmittelbarer Nähe der Burg erhalten. In steinarmen Gebieten (etwa Norddeutschland) verwendete man meist Backsteine oder Lesesteine. Die Bauzeit hing vom verwendeten Baumaterial und der Ausführung ab. In den Mauern finden sich oft in regelmäßigen Abständen kleine „Rüstlöcher“. Bei dieser Bautechnik wurden beim Hochmauern hölzerne Stangen vermauert. Auf diese Stangen wurden dann Bretter gelegt. Von dieser Gerüstebene konnte dann in Mannshöhe nach oben gemauert werden. Dieses Prinzip wurde so lange fortgeführt, bis die endgültige Mauerhöhe erreicht war. Die oft in den Rüstlöchern verbliebenen Holzreste geben oft mittels der Dendrochronologie Aufschluss über das Alter des Bauabschnittes. Daneben kamen auch kleinere Standgerüste vor, besonders in Innenräumen. Die Außenmauern vieler Burgen waren – im Gegensatz zu ihrem heutigen Erscheinungsbild – meistens verputzt.

Über den Einfluss arabischer und muslimischer Wehrarchitektur auf die Entwicklung der europäischen Burganlagen ist viel gestritten worden. Sicherlich ist jedoch die eine oder andere Anregung während der Kreuzzüge nach Europa gelangt. Die Kreuzfahrerburgen haben Wehrelemente aus dem Nahen Osten übernommen sowie Neuerungen entwickelt. In Spanien wurden während der Reconquista maurische Forts übernommen und ausgebaut, etwa der Alcázar (Sevilla), und dabei auch im Burgenbau konstruktive und stilistische Elemente von den vertriebenen Muslimen übernommen, die sich im mozarabischen und im Mudejarstil niederschlugen, etwa bei der Burg Coca.

Besonders im Grenzbereich zwischen den Gebieten mächtiger Territorialherren wurden zahlreiche Burgen zur Sicherung des eigenen Einflusses errichtet (Grenzburgen). Die Rheinstrecke von Mainz bis Bonn ist wohl das bekannteste Beispiel einer deutschen Burgenlandschaft, wo viele Territorialgrenzen mit den lukrativen Einnahmen des Rheinzoll zusammentrafen (siehe: Rheinburgenweg). Klassische „Burgenlandschaften“ sind außerdem das Moselgebiet[6], der Pfälzerwald, die Schwäbische Alb, die Fränkische Alb, die fränkischen Hassberge (Grenzgebiet der rivalisierenden Hochstifte Bamberg und Würzburg), Böhmen sowie die Handelsrouten über die Alpenpässe nach Italien (das schweizerische Domleschg, Südtirol u. a.)

Es gab im Mittelalter wesentlich mehr Burgen als heute gemeinhin angenommen. Auch auf den ersten Blick burgenarme Gebiete waren im Hochmittelalter übersät mit mehr oder weniger befestigten Anlagen. Besonders in den ersten Jahrzehnten des Territorialausbaues fand sich in oder bei nahezu jedem größeren Dorf eine kleine Burg oder zumindest eine befestigte Hofanlage. Diese Anlagen dienten als Wohnstätten und Statussymbole der zahlreichen Ministerialen, des neu entstandenen Dienstadels. Die adligen Herren stellten zu diesem Zweck entweder freie Bauern oder hörige Unfreie als Dienstmänner ein. Häufig verfügten diese aber bereits über generationenlange Erfahrung im Verwaltungsdienst, als Meier auf den Fronhöfen des Adels. Nun wurden sie als Schildknappen ihrer Herren auch zum Waffendienst herangezogen und erhielten so die Gelegenheit zum Aufstieg in den Ritterstand. Sie versuchten, ihr Meieramt zu einem erblichen ritterlichen Lehnsgut zu machen. Außerdem wechselten auch Edelfreie in die Ministerialität; sie trugen dann entweder ihre bislang freieigenen Sitze dem Lehnsherrn auf und nahmen sie von diesem wiederum zu Lehen, wenn sie in seinen Dienst traten, oder sie behielten sie als Allod und erhielten zusätzlich Lehnsgüter. Die adligen Herren behielten in jedem Fall ein „Öffnungsrecht“ an den Ministerialenburgen.

Die Lehnsnehmer übernahmen für ihre Herren gleichzeitig Verwaltungsdienste in den Grundherrschaften sowie Waffendienst als gepanzerte Reiter. Waren zunächst viele der als Ritter dienenden Ministerialen anfangs nur besoldete Burgmannen auf den Burgen ihrer Herren, bauten sich seit dem 13. Jahrhundert die zu Wohlstand gekommenen ritterlich lebenden Familien auch eigene befestigte Häuser, freilich bedurften sie zum Burgenbau der landesherrlichen Genehmigung, denn die fürstlichen Landesherren besaßen das Burgenregal (Recht zum Burgenbau), das ursprünglich sogar dem deutschen König vorbehalten gewesen war. Die Ministerialenburgen waren meist inmitten der bäuerlichen Siedlungen und Dörfer gelegen, aus denen sie versorgt wurden und denen sie wiederum Schutz boten. Meist handelte es sich um Turmhügelburgen oder um Wohntürme. Wenn die topographische Situation es anbot, konnten sie aber auch als Höhenburgen über den Ortschaften angelegt sein. Ein häufiges Phänomen war im Hochmittelalter das „Burgenspringen“, also die Verlegung von Burgen an wehrtechnisch günstigere Orte, meist aus der Niederung oder den Ortskernen auf Höhenrücken. Wasserburgen standen manchmal auch abseits der Ortschaften in der freien Feldflur; später wurden Wohntürme auch in künstlichen oder natürlichen Teichen erbaut (die sogenannten Weiherhäuser). Oft ersetzten die Ministerialenburgen ältere Fronhöfe, auch wenn sie nicht immer am selben Standort gebaut wurden. Manchmal gab es mehrere befestigte Herrenhöfe oder Kleinburgen im selben Ort, wenn Land und Leute an mehrere Lehnsnehmer vergeben waren oder wenn die Ministerialenfamilien ihr Erbe aufteilten. Aus den Ministerialenburgen gingen in der frühen Neuzeit viele landtagsfähige Rittergüter hervor.

Wegen der unterschiedlichen Entwicklung des Lehnswesens und anderer geographischer und politischer Faktoren unterscheiden sich die Burgen der verschiedenen Kulturkreise deutlich. In Deutschland werden die oft gewaltigen Ausmaße der englischen und französischen Wehrbauten meist bei weitem nicht erreicht, da in diesen Ländern zentrale Monarchien entstanden waren, während das Heilige Römische Reich territorial zersplittert war. Auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel: Europas längste Burg ist in Bayern zu finden, die Burg zu Burghausen der niederbayerischen Herzöge ist über 1200 m lang. Die Deutschordensburgen im Ostseeraum nahmen ebenfalls eine gesonderte Entwicklung. Im damaligen deutschen Sprachraum dürften insgesamt über 40.000 mittelalterliche Burgen angelegt worden sein, allein für die heutige Bundesrepublik lassen sich 25.000 Anlagen ermitteln.[7] Diese Anzahl lässt sich durch die territoriale Zersplitterung in kleine und kleinste Herrschaften erklären, die wiederum über ihren jeweils eigenen „Dienstadel“ verfügten. Die meisten dieser Burgen sind im Lauf der Geschichte aufgegeben oder in Kriegen und Fehden zerstört worden, viele sind zur Gewinnung von Baumaterial abgebrochen worden, manche abgebrannt oder durch Erdbeben zerstört. Bei etwa einem Viertel sind die Gründe unbekannt. Innerhalb von Dörfern sind die mittelalterlichen Burganlagen oft ganz verschwunden, häufig wurden sie aber durch jüngere Schlösser oder Herrenhäuser ersetzt. In reichsfreien Städten wurden die vormals landesherrlichen Burgen im Spätmittelalter oft abgerissen und mit Wohnhäusern überbaut, um die fürstliche Oberherrschaft (auch symbolisch) abzuschütteln. In der Feldflur oder auf bewaldeten Bergrücken sind die Überreste von Burgen oft noch als Burgställe erkennbar.

Die Entwicklung der Burg verlief in Europa größtenteils parallel zu der Entwicklung der Stadtbefestigungen, wobei sich beide Siedlungsformen gegenseitig beeinflussten und über ähnliche Elemente verfügten. So findet z. B. der Wohnturm seine städtische Entsprechung in den Geschlechtertürmen europäischer Städte. Viele Burgen lagen inmitten der Städte oder an ihrem Rand und waren wehrtechnisch mit der Stadtbefestigung verbunden.