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In Seite Untermosel:
"Archäologen fanden Ende der 1970er Jahre erste Nachweise für mögliche römerzeitliche Terrassierungen an Moseltalhängen: Flurbereinigungen und die Anlage neuer Wirtschaftswege in Weinbergen an der Mittelmosel und der oberen Untermosel gaben am Fuß von Hanglagen die Fundamente antiker Kelterhäuser frei. Die Fundorte in heute noch bewirtschafteten Steillagen können dabei als Hinweise für eine römerzeitliche Terrassierung der Talhänge im 3. Jahrhundert n. Chr. angesehen werden.[1]
Zwischen Cochem und Koblenz wurden ähnliche Funde bisher nicht gemacht. Gründe dafür können – trotz vieler gallo-römischer Siedlungsnachweise – eine vermutlich geringere Bevölkerung gewesen sein, aber auch der Eisenbahn- und Straßenbau Ende des 19. Jahrhunderts, für den viele Weinbergsflächen am Fuß altbekannter Steillagen in z. B. Hatzenport, Karden, Kobern oder Winningen abgetragen wurden; mögliche Beweise für antike Kelteranlagen können dabei unerkannt verloren gegangen sein. Es gibt jedoch für das Ende des 6. Jahrhunderts n. Chr. eine schriftliche Überlieferung für einen frühen Steillagenweinbau in einer Moselreisebeschreibung des antiken Schriftstellers Venantius Fortunatus: … Wo Weinberge belaubet aufstreben zu kahlen Berghöh’n / und reich schattendes Grün decket das trockene Geröll / Hier einsammelt die Ernt’ der gefärbten Trauben der Winzer / selbst am Felsabhang er lesend die Frucht.
Der Untergang der römischen Zivilisation und die Bevölkerungsveränderungen der Völkerwanderungszeit haben den Weinbau an der Untermosel wahrscheinlich weitgehend unbehelligt gelassen.[2] Gesetze der fränkischen Könige schützten die alteingesessenen Weinbauern. So haben sich hier bis ins Hochmittelalter Siedlungsinseln erhalten, in denen das Moselromanisch, statt einer fränkischen Sprache gesprochen wurde.[3] Vermutlich stammt aus dieser Zeit das noch heute gebräuchliche Dialektwort für eine Weinbergsterrasse Chur oder Kuur (Mehrzahl Chuer, Kuure), entlehnt von Cura (lateinisch für Pflege) oder Chorus (lateinisch für den erhöhten (Altar)-Raum in einer Kirche).
Ab dem 9. Jahrhundert gibt es eine reiche Urkundenlage des Weinbaus für fast alle Orte der Untermosel.[4] (z. B. Ediger im Jahre 766, Kobern 817, Bruttig 898). Viele Weinbergsflächen waren wahrscheinlich noch Flach- oder untere Hanglagen. Das Hochmittelalter gilt bisher als die Epoche, in der Bauhandwerker begannen, in Steilhängen der Mosel hohe, standfeste Terrassenmauern zu errichten – abgeleitet von der Fertigkeit, auf ragenden Felsrücken und über steilen Abgründen bautechnisch anspruchsvolle Burganlagen zu erbauen. Die Terrassenmauern wurden wohl überwiegend trocken gesetzt: Der viele Mörtel, der für das unregelmäßige Bruchsteingewerk benötigt wurde, wäre schlichtweg zu teuer gewesen. Rund 30 Prozent der Baukosten kosteten Erzbischof Balduin[5] das Brennen und der Transport des erforderlichen Kalks für Mörtel und Putz seines Burgenbaus im Raum Mittelrhein-Untermosel. (Abb. 16 u. 17).
Der Bevölkerungsanstieg im Mittelalter, die große Nachfrage des Handelsplatzes Köln, des heutigen Belgiens und der Niederlande und der, verglichen mit heute, hohe Pro-Kopf-Verbrauch von Wein dürften zur Erweiterung der Anbauflächen und damit zu weiteren Terrassierungen geführt haben. In Besitz- und Belehnungsurkunden dieser Zeit finden sich die auch heute bewirtschafteten Lagen, die danach bereits im 12. Jahrhundert terrassierte Lagen gewesen sein können. Gepirg pringt edlern wein (Steillage bringt besseren Wein) heißt es in einer Pflanzanleitung des 14. Jahrhunderts. „Gebirge“ war bis ins 19. Jahrhundert die Bezeichnung für Steillagen in den Talhängen. Phasen des Stillstands und Brachfallens von Terrassen folgten auf Seuchen, Kriegswirren oder Klimadepressionen.
Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Terrassierung von Talhängen der Untermosel – vereinzelt fast bis zur Bergkante – wohl ihre größte Ausdehnung erreicht. Die sukzessive Terrassierung hangaufwärts geschah auch besonders in den „Terroirs“, die seit frühester Zeit für begehrte und gut bezahlte Weine bekannt waren. Um größere Mengen produzieren zu können, wurden auch in den Seitentälern und weniger begünstigten Lagen Terrassen angelegt. Um 1880 werden für den Regierungsbezirk Koblenz rund 2500 Hektar zumeist steillagiger Weinbergsflächen genannt.[6]
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts stagnierte der Terrassenweinbau in den Steillagen der Untermosel. Die Anlagen in schwer zugänglichen, nur in teurer Handarbeit zu bewirtschaftenden Terrassen verwilderten und verbuschten, viele Mauern stürzten ein. In den 1960/70er Jahren begann die Zusammenlegung von kleinteilig abgestuften, weniger steilen Hängen, zu größeren Wirtschaftsflächen (Flurbereinigung). So konnte mit maschinellem und damit kostengünstigerem Arbeitseinsatz die Bewirtschaftung erleichtert werden. Es bedeutete aber auch die Planierung von vielen, ehemals treppenartig terrassierten Hängen und den Abbruch vieler, für die Ökologie und das Landschaftsbild wichtiger Weinbergsmauern (Abb. 30–33).
Beihilfen aus öffentlicher Hand, Fördergelder nationaler und europäischer Etatmittel, und insbesondere die Arbeitserleichterungen durch die Anlage der in der Schweiz entwickelten „Monorackbahnen“, die in den Steillagen den mechanischen Transport von Menschen und Material vereinfachten, bewahren heute manche Lagen vor dem Verfall (Abb. 13 u. 13a).
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