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In Seite Philosophische Praxis:

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Ein Philosophischer Salon oder Philosophisches Café („Café-Philo“) ist ein Diskussionsforum, in dem philosophische Fragestellungen diskutiert werden.

Die Ursprünge lassen sich schon in der griechischen Antike ausmachen, wo der Marktplatz, die Agora, das Zentrum des kulturellen Lebens und auch der Platz für philosophische Debatten war, wie etwa die Sokratischen Dialoge zeigen. Aspasia von Milet gründete in Athen einen philosophischen Salon. Auch heute wird zum Beispiel in philosophischen Cafés versucht, im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung zu einem tieferen philosophischen Verständnis der eigenen Überzeugungen und Ansichten zu gelangen.

Initiiert wurde diese Form der Philosophischen Praxis in Frankreich von dem französischen Philosophen Marc Sautet, der 1992 in Paris das erste Café Philosophique abhielt.[1] Sautets Hauptanliegen war es, die Philosophie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und ihr Raum auch über den wissenschaftlichen Diskurs hinaus zu geben. Jeden Sonntag sollten an jenem Ort Interessierte zusammentreffen, um über ein bestimmtes Thema zu diskutieren, wodurch Sautet die philosophischen Überlegungen der Menschen auch außerhalb der akademischen Philosophie „in Gang setzen“ wollte.[2] Sein Ziel war es, jedem die Chance zu geben, die eigene Meinung zu argumentieren und zu hinterfragen. Er wollte somit eine elitäre Gruppenbildung vermeiden, in der nur philosophisch gebildete Menschen zu Wort kommen. Die Besucher seines Café-Philo wählten die Themen der Diskussion gemeinsam, demokratisch vor Ort aus. Unter anderem widmete man sich etwa den Fragen: „Ist Gewalt etwas Universelles oder etwas Menschliches?“, oder „Was ist Schönheit?“. Sautet versuchte stets, die Diskussionen spannend und kurzweilig zu gestalten.[3]

Das erste Philosophische Café überhaupt fand jedoch in Deutschland statt. Gemeinsam mit der Eitorfer Künstlerin Erika Kaldemorgen veranstaltete es die Gelsenkirchener Philosophin und Sachbuchautorin Marit Rullmann ("Denken um zu Leben", Wiesbaden 2018, gem. mit Werner Schlegel) am 24. September 1989 im dortigen Kulturladen Spunk. Beide begründeten damit eine Bewegung, die sich bis heute auf zahlreiche deutsche Städte ausweitete. Allein Rullmann initiierte Cafés in 21 deutschen Städten (z. B. Halberstadt, Meißen, Moers, München, Stuttgart). Seit November 2019 hält die Philosophin Cafés im eigenen heimischen "Dachstubensalon" ab, wird jedoch auch weiterhin in andere Städte eingeladen. Von 1999 bis 2017 betrieb Bernd Oei einen Philosophie-Salon in Bremen.

Das zentrale Anliegen eines Café-Philo ist es, philosophisch Interessierten im Rahmen regelmäßig organisierter Treffen eine Gelegenheit zu bieten, „die Meinung anderer Menschen zu hinterfragen, die eigenen Meinungen in Frage stellen zu lassen, und zu lernen, entgegengesetzte Meinungen gelten zu lassen oder zu tolerieren.“[4] Es geht somit um den Austausch jeweils eigener Gedanken und weniger um einen Bezug zu den Werken anderer Philosophen. Der Leiter eines Café-Philo übernimmt die Rolle eines Moderators, der die Diskussion am Thema entlangführen und den Bezug aufrechterhalten soll. Dies kann etwa durch die Reformulierung, Infragestellung, Problematisierung oder auch Konzeptualisierung bestimmter Standpunkte und Argumente geschehen. Wenn sich Positionen verhärten oder die Diskussion ins Stocken gerät, kann er eingreifen und etwa auf philosophische Ansätze verweisen, um das Gespräch voranzutreiben. Er hat aber etwa auch die Aufgabe, zu verhindern, dass das Café-Philo für die Be- und Aufarbeitung privater Anliegen oder die Zurschaustellung der intellektuellen Bewandtnis einzelner Teilnehmer missbraucht wird.[5]

Heute haben sich mehrere Formen des Café-Philo herausgebildet, wobei einigen Veranstaltungen ein vordefiniertes Thema zugrunde liegt, wohingegen andere der Diskussion freien Lauf lassen, bis sich eine bestimmte Fragestellung herauskristallisiert. Ebenfalls wird der philosophischen Diskussion manchmal ein Referat oder Vortrag vorangestellt, auf dessen Inhalt die darauf folgende Debatte basieren soll.[6] Was ihnen allerdings gemein ist, ist die Tatsache, dass sie eine offene Plattform für den Meinungsaustausch der verschiedenen Teilnehmer bieten sollen, unabhängig von deren Geschlecht, Herkunft, Bildung und kulturellem wie auch sozialen Hintergrund. Die Idee ist, jeden zu Wort kommen zu lassen und die unterschiedlichen Meinungen auch im Hinblick auf deren moralische und politische Implikationen zu diskutieren.

Ein Café-Philo stellt somit ein semi-öffentliches Setting dar, in dem das eigene Denken gefördert und auf diese Weise zur Findung klarerer Ausdrücke und eines tieferen Verständnisses beigetragen werden soll.[7] Das Themenspektrum ist äußerst umfassend und kann sich von Sinn und Glauben über Moral bis hin zu Gerechtigkeit erstrecken. Das Café-Philo kennt prinzipiell kein Tabu und keine Zensur. Der Praktiker Lou Marinoff formulierte eine einzige Grundregel: Höflichkeit.[8] Ein Philo Café hat keine therapeutische Funktion.[9]

Ein Kritikpunkt, mit dem sich die Betreiber der verschiedenen Café-Philo auseinandersetzen mussten und müssen, ist die Problematik des demokratischen Ansatzes. Wenn jeder Beliebige alles Beliebige aufs Tapet bringen darf, bleibt die Ernsthaftigkeit des Café-Philo demzufolge fraglich. Diese Kritik basiert auf der Annahme, dass im philosophischen Kontext Behauptetes mit entsprechenden Quellenhinweisen einhergehen sollte, insofern man über die Trivialität einer Kaffeehausdiskussion hinausgehen möchte.[10]

Den Ansprüchen der Kritiker zum Trotz konnte sich das von Sautet etablierte Konzept bisher nicht nur über Europa ausbreiten, sondern findet mittlerweile auch in den USA, Australien und Asien regen Zustrom.

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