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In Seite Orient:

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Der Begriff Orient unterliegt historischen Veränderungen und wurde (und wird noch heute) durch unterschiedliche Diskurse geprägt. So spielen geographische, politische, sprachwissenschaftliche und kulturelle Überlegungen eine Rolle bei dem Versuch, genauere Aussagen zu dem Begriff Orient zu treffen.

Ursprünglich fungierte der Begriff „Orient“ bzw. „Morgenland“ als Richtungsangabe (vgl. Sonnenaufgang), wobei der Bezugsort je nach Standort des Sprechers variieren konnte. So stand das Wort „Morgenland“ im Alten Testament für die Gebiete östlich von Israel bzw. Juda. Mit der Verschiebung der kulturellen Zentren im Bewusstsein des abendländischen Christentums nach Mittel- bzw. Westeuropa verschob sich auch der „Orient“ westwärts. Dadurch lagen dann im europäischen Hochmittelalter auch die Gebiete der Ostkirchen (Teile Osteuropas, Südosteuropa, Balkan) „im Orient“.

Aufgegriffen wurde der Begriff wiederum im Kontext der von den Römern definierten Weltgegenden (lat. plagae mundi). Unter der Bezeichnung plaga orientalis verstand man eine von vier Weltgegenden. Im Griechischen nennt man den Orient heute anatoli (ανατολή, siehe Anatolien) und im Italienischen und Spanischen levante (Partizip Präsens zu levare „aufgehen“). Mit dem geografischen Begriff Levante sind die an das östliche Mittelmeer angrenzenden Länder gemeint.

Im Lauf der Geschichte wandelte sich die Bedeutung des Begriffs weiter. Den Orient gab es als zusammenhängendes Reich oder als Staat nie.[1] Während der Neuzeit wurde er im deutschen Sprachraum zur Bezeichnung für einen feststehenden geographischen und kulturellen Raum. Im 19. Jahrhundert erlangte der Begriff „Orient“ schließlich ein enormes Bedeutungsspektrum. So bezeichnete der Begriff zu dieser Zeit ganz Asien, das heißt die arabischen Länder, sowie Iran, Indien, China und Japan. Darüber hinaus wurden auch die Länder Südosteuropas und des Balkans, die zu dieser Zeit zum Osmanischen Reich gehörten, zum Orient gezählt. Neben diesen aus mittel- bzw. westeuropäischer Perspektive östlich liegenden Gebieten umfasste der Begriff „Orient“ auch aus dieser Perspektive eigentlich südlich liegende Gebiete. So wurde im 19. Jahrhundert fast durchweg auch der ganze afrikanische Kontinent zum Orient gerechnet. Darüber hinaus galten teilweise sogar Spanien, Süditalien, Kreta und Zypern als orientalisch.

Der heutige Sprachgebrauch im deutschsprachigen Raum tendiert dazu, den Begriff auf die überwiegend islamischen Regionen Vorderasien und Nordafrika – einschließlich Iran und Afghanistan, aber ohne die islamischen Staaten Süd- und Südostasiens – zu beziehen (vgl. MENA-Region, Großraum Mittlerer Osten). Bei geopolitischen Betrachtungen werden die islamischen Länder zwischen Marokko und Afghanistan häufig als Vorderer und Mittlerer Orient zusammengefasst.[2] Teilweise wird das Studiengebiet um Länder des südlichen Zentralasien erweitert.[3]