Citation Hunt

Das unten stehende Wikipedia-Snippet wird von keiner verlässlichen Quelle unterstützt. Kannst du eine finden?

Klicke auf Verstanden!, um zu Wikipedia zu gehen und das Snippet zu reparieren, oder Nächstes!, um ein anderes zu sehen. Viel Glück!

In Seite Animismus (Religion):

"

Die Theorie vom Animismus als umfassender „Urreligion“ ist heute – nach Auffassung einer bestimmten Denkrichtung – nur noch ein wissenschaftshistorisch relevantes Konzept; für Andere behält der Begriff seine Relevanz und der Animismus seine religionshistorische Stellung an den Anfängen der Evolution. Das ist eine Position, wie sie etwa Edward B. Tylor vertrat.[1] Er war es auch, der den Begriff 1871 in die wissenschaftliche Diskussion einführte. Nach Tylor ist Animismus die früheste von Menschen entwickelte Form der Religion. Grundvoraussetzung war nach seiner Vorstellung die Idee einer persönlichen, leibunabhängigen, frei beweglichen Seele, die zwangsläufig auch den Glauben an eine Weiterexistenz nach dem Tod, Wiedergeburt u. Ä. einschloss. Obwohl die Ethnographie ein breites Spektrum an voneinander abweichenden Darstellungen belegt, vereinheitlichte Tylor diese Ideen und schrieb zudem auch leblosen Geräten und Gütern prinzipiell eine „Gegenstandsseele“ zu. Er schlussfolgerte, dass sich daraus zuerst noch objektgebundene, später freie, übergeordnete Geister und schließlich die Götter entwickelt haben sollen, um zuletzt in der zentralen Gestalt eines einzigen Gottes oder in einem allgemeinen Pantheismus (Gott = Welt) aufzugehen.[2]

Die Menschen hätten nach Tylor ihre frühesten Gesellschaftssysteme auf Grundlage des Animismus gebaut, um zu erklären, warum Dinge geschehen. Als er dies veröffentlichte, galt seine Theorie als politisch radikal, weil sie Völkern ohne Buchreligion zugestand, tatsächlich eine Religion zu haben.

Neben Tylor entwickelten Herbert Spencer und John Lubbock die Theorie, der Glaube an Seelen und Geister sei die Vorstellung aller ursprünglichen religiösen Vorstellungen: Der „primitive“ Mensch in einer relativ frühen menschheitsgeschichtlichen Entwicklungsstufe habe aus den Erfahrungen in seiner Umwelt abgeleitet, dass er etwas habe, das seinen Leib bei Krankheit, Traum und Schlaf zeitweilig und im Tod endgültig verlasse: die Seele.

Spätere Abstraktionsstufen hätten daraus Geister entwickelt, Seelen von Toten, von Tieren, Pflanzen, Gegenständen, die in relativer Selbständigkeit auf das Leben des Menschen einwirken und deren Verhalten der Mensch durch rituelle Kontaktaufnahme beeinflussen können. Weitere Abstraktion habe daraus die Vorstellung von Göttern und schließlich von einer monistischen Gottesvorstellung hervorgebracht. Diese evolutionistische Theorie der Entstehung religiöser Vorstellungen, der zufolge der Glaube an Geister das unbedingt notwendige Durchgangsstadium aller religionsphilosophischen Entwicklungen – sozusagen das „Minimum der Religionsvorstellung“ – sei, wurde zwischen 1905 und 1909 mit philosophischen und psychologischen Argumenten von Wilhelm Wundt untermauert: Durch Einfühlung projiziere der Mensch das eigene Ich und dessen Ängste auf die Objekte, die sie für beseelt halten; sie leben im Bann ihrer Projektionen. In der nächsten Entwicklungsstufe des Totemismus sehen sie die Seelen ihrer Ahnen in einem Schutztier verkörpert.[3]

Die Hoffnung des zunächst unter dem Einfluss der Romantik, später unter dem des Evolutionismus stehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts, durch die Erforschung der sogenannten „Naturvölker“ zur „Urreligion“ der Menschheit vorzudringen, gilt für bestimmte, theoretische Strömungen bzw. Tendenzen heute als obsolet. Diese Ethnien seien keine „Urvölker“ oder Vertreter einer „Urkultur“ der Menschheit, sondern Zeitgenossen, deren Geschichte im Vergleich zu Industriegesellschaften anders verlaufen sei und verliefe. Dem Inhalt nach ist uns diese Entwicklung meist unbekannt – mit Ausnahme der rezenten Perioden, also z. B. den Indianerkriegen in Amerika, die zum Niedergang von Indianerkulturen führten –, dürfe aber als langfristig angenommen werden.

Das Wissen über die Anfänge religiöser Vorstellungen ist in der Religionshistorie, also der anthropologisch-prähistorischen Forschung, begrenzt. Demgemäß müsse auch die Hypothese eines einstmals „reineren“ Gottesglaubens der „Urvölker“ (der „Urmonotheismus“ nach Wilhelm Schmidt) als eine spekulative Option neben vielen anderen verstanden werden; ebenso alle älteren evolutionistischen Konstruktionen über Präanimismus, Animismus und Manismus. Auf Grund des knappen Materials sei eine Weiterentwicklung von Hypothesen zu gefestigtem Wissen schwierig. Ethnologisch, religionshistorisch und entwicklungspsychologisch stünden „animistische“ und andere ethnisch-religiöse Vorstellungen nicht am Anfang der Entwicklung, sondern seien jüngere und abgeleitete Phänomene. Bereits der Ethnologe Wilhelm Schmidt habe dies erkannt und stellte daher die Theorie auf, nach der es gerade umgekehrt sei: Am Anfang habe der Monotheismus gestanden, wie er im Judentum, Christentum und im Islam gelehrt wird. Daraus entwickelte sich ein Oligotheismus (Glaube an die wenige Götter), aus dem wiederum ein Polytheismus (Glaube an viele Götter) hervorging, der sich schließlich zu einem Animismus wandelte. In der einschlägigen Literatur ist dieser Ansatz als Degenerationshypothese bekannt.[4] Jedoch auch diese Theorie wird heute von manchen Autoren als zu stark abstrahiert abgelehnt.

Auch von klerikaler Seite wurde die Animismustheorie kritisiert, da man in ihr einen Angriff auf den Ausschließlichkeitsanspruch der übernatürlichen christlichen Offenbarungslehre sah. Diese Kritik formulierte zunächst vor allem Andrew Lang,[5] später besonders Wilhelm Schmidt mit seiner Theorie des Urmonotheismus.[6]

Der Versuch, aus der Analyse rezenter Jäger-und-Sammler-Kulturen auf die Entwicklung früherer spiritueller Vorstellungen zurückzuschließen, ergibt eine hypothetische, aber fragwürdige Abfolge von Animismus als frühester Denkform, gefolgt vom Glauben an ein Weiterleben nach dem Tode, dann von Schamanismus und schließlich von Ahnenkult. Der Glaube an aktive Ahnengeister oder gar aktive Hochgötter sei jedoch bei „frühen Menschen“ nicht zu finden.[7]