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In Seite Casus Belli:

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Historisch lässt sich die Unterscheidung zwischen eigentlichem Kriegsgrund (etwa Expansionsbestrebung eines Staates) und dem öffentlich angegebenen Kriegsanlass bis auf den griechischen Historiker Thukydides im Peloponnesischen Krieg zurückführen. So war auch der Vernichtungsfeldzug Roms gegenüber Karthago im 3. Punischen Krieg offensichtlich durch den Wunsch Roms nach uneingeschränkter Herrschaft im Mittelmeer begründet und nicht durch die als Kriegsanlass von römischer Seite benannten Aktivitäten Karthagos gegenüber römischen Bundesgenossen.

Großen Einfluss hatten bis ins 19. Jahrhundert auch in evangelischen Staaten Augustinus und der Scholismus mit der – auf römisches Recht und Sakralrecht zurückgehenden – Definition vom gerechten Krieg (bellum iustum). Dies bewirkte zum Beispiel, dass auch die spanische Kolonialmacht sich nachträglich juristisch absichern ließ, einen gerechten Krieg gegen rechtmäßige einheimische Herrscher in Amerika geführt und damit rechtmäßig Gebiete erworben zu haben. Formelle Kriegserklärungen und deren Begründung wurden so unverzichtbarer Bestandteil des Rechtes zum Krieg europäischer Staaten bis ins 20. Jh. außer in Kriegen mit nicht als ebenbürtig angesehenen Staaten in Übersee und gegen aufständische Kolonialvölker.

Ein fingierter Casus Belli dient demzufolge in der Regel nicht nur der propagandistischen Rechtfertigung einer kriegerischen Aggression (um Sanktionen und Einmischungen anderer Staaten zu verhindern), sondern auch zur anschließenden Legitimierung der sich daraus ergebenden Kriegsfolgen, d. h. der Annexion oder sonstigen Beherrschung bisher fremden Gebietes. Dies ist insbesondere heute völkerrechtlich von Belang, da nach UN-Charta Angriffskriege verboten sind.

In Zeiten der Massenheere und der Verantwortlichkeit von Regierungen gegenüber ihrer Bevölkerung und der von dieser verlangten Opfer hat das Fingieren eines Casus Belli aber auch innenpolitisch eine große Bedeutung. So diente der Tonkin-Zwischenfall im Vietnamkrieg mit dem angeblichen Beschuss amerikanischer Kriegsschiffe durch Nordvietnam innenpolitisch dazu, die amerikanische Öffentlichkeit auf die Massenrekrutierung und die massiv steigenden Kriegskosten einzustimmen sowie die territoriale Ausweitung des Kriegsgebietes gegenüber der internationalen Öffentlichkeit zu rechtfertigen.

Häufig wird zudem auch als Casus Belli ein von unabhängiger Seite gar nicht eindeutig überprüfbarer Grund angeführt (etwa unter Verweis auf nicht vollständig vorlegbare Geheimdienstergebnisse) und versucht, trotzdem UN-Sicherheitsrat und internationale Öffentlichkeit vom genannten Kriegsgrund zu überzeugen. So ist zwar größtenteils unbestritten, dass die Ablehnung der Taliban-Regierung Afghanistans einer Auslieferung oder zumindest Strafverfolgung der Urheber der Anschläge vom 11. September 2001 ein legitimer Kriegsgrund der USA gegen Afghanistan war. Frei erfunden waren dagegen behauptete Urankäufe des Irak im Niger sowie die Behauptung und die Beweisstücke, der Irak habe transportable Labors für biologische Massenvernichtungswaffen.

Einem Kriegsbeginn mit fingiertem Casus Belli geht meist eine innen- und außenpolitisch begründete bellizistische oder auch verschwörungstheoretische Propaganda voraus.[1] Häufig lässt sich sogar klar in Schriften bestimmter Interessengruppen bereits lange vor den Kriegshandlungen nachlesen, dass ein Krieg unumgänglich und gar nicht vom konkreten Verhalten des als Feind- oder Schurkenstaat diffamierten Gegners abhängig sei.