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In Seite Indogermanen:
"Der Wortschatz der rekonstruierten proto-indoeuropäischen Sprache gibt Hinweise auf die Lebensweise ihrer Sprecher. So belegen zum Beispiel weitgehend gemeinsame Worte für Silber, Gold und vor allem Bronze, dass die Indogermanen diese Metalle bereits verarbeiteten, jedoch noch kein Eisen. Auch die Wörter Pflug, Rad, Wagen, Achse, Deichsel und Joch haben in den indogermanischen Sprachen eine gemeinsame Wurzel, was bedeutet, dass die Sprecher des Indogermanischen Ackerbau betrieben und Wagen benutzt haben müssen. Es gibt auch sprachliche Hinweise auf eine Domestizierung des Pferdes (*h₁ék̑-u; -u-Stamm zur Wurzel *h₁ek̑ ‚schnell‘ wurde zu *h₁ék̑-wo-, z. B. in lat. equus ‚Pferd‘), aber es ist umstritten, ob die Indogermanen bereits Reiter waren. Dem Argument, dass es kein gemeinsames Wort für Reiten gibt, steht die Tatsache gegenüber, dass eine größere Ausbreitung ohne Reitpferde kaum vorstellbar ist. Viele verschiedene Ausdrücke für „gehen“ beweisen schließlich auch nicht, dass die Indogermanen etwa nicht gehen konnten.
Wildpferde kamen vor der Indogermanisierung in Europa nur regional vor, während sie in Steppengebieten große Herden bildeten. Dort hat der Archäologe David Anthony[1] an Pferdezähnen aus Derijiwka in der Ukraine Abnutzungsspuren entdeckt, die auf die Benutzung einer Trense zum Reiten schließen lassen. Das ist ein eindeutiger Beleg, dass dieses Pferd zum Reiten genutzt wurde. Letztlich wurde dieser Pferdezahn jedoch auf ein Alter von 410 bis 200 Jahren datiert.[2] Anthony hat jedoch zahlreiche weitere Belege zusammengetragen, die darauf schließen lassen, dass die Indoeuropäer vor ca. 4700 Jahren das Reiten entwickelten, ohne dass allerdings ein sicherer Beweis dafür gefunden wurde.[3]
Gemäß ihrem Wortschatz müssen die Indogermanen sowohl Ackerbau wie Viehzucht, genauer Pastoralismus, betrieben haben, wobei die Viehzucht wohl die größere Rolle spielte. Denn die indogermanische Ursprache enthält viele Begriffe aus der Milch- und Viehwirtschaft (Milch, Butter, Wolle, Webtechnik) dem nur die Bezeichnung für eine einzige, bisher nicht identifizierte Getreidesorte gegenübersteht. Manche Forscher gehen deshalb sogar von einer halbnomadischen Lebensweise aus. Vor allem hielten die Indogermanen wohl Schafe (Nom.Sg. *h₃éw -i -s, z. B. in lat. ovis ‚Schaf‘), aus deren Wolle sie Kleidung herstellten, und Rinder (Nom.Sg. *gʷṓw -s). Die soziale Stellung eines Mannes maß sich vermutlich daran, wie viel Vieh (*pék̑-u; -u-Stamm zur Wurzel *pek̑ ‚rupfen‘) er besaß. So ist im Lateinischen das Wort für Geld (pecūnia) verwandt mit dem Wort für Vieh (pecū). Auch das deutsche Wort Vieh und das englische fee (Gebühr) haben eine gemeinsame Wurzel. Rinder scheinen auch in Religion und Mythologie eine Rolle gespielt zu haben.
Das Gesellschaftssystem war wohl patrilinear organisiert. Es gibt Hinweise auf sakrale Königtümer, in welchem der Stammesführer gleichzeitig die Rolle eines hohen Priesters einnahm. Außerdem scheinen Sklaven gehalten worden zu sein. Der französische Religionswissenschaftler Georges Dumézil vertritt die Ansicht, dass die Gesellschaft ähnlich wie bei vielen späteren Kulturen mit indogermanischer Sprache dreigeteilt war, in den Klerus, eine Kriegerklasse und einfache Bauern.
Auch aus der Religion der späteren Kulturen mit indogermanischer Sprache lassen sich Schlüsse auf die religiösen Praktiken der Indogermanen schließen (siehe auch Indogermanische Religion). Demnach hatten sie einen polytheistischen Götterhimmel, in der ein Himmelsvater (*diwós ph2tḗr) eine zentrale Rolle einnahm. Im Mittelpunkt der religiösen Praktiken standen vermutlich Opfer-Riten, welche durch eine Priester-Kaste vollzogen wurde. Einflussreiche Anführer könnten bereits – wie später in zahlreichen Kulturen mit indoeuropäischer Sprache – mit ihrem Eigentum, vielleicht sogar mit bestimmten Familienmitgliedern, wie ihren Frauen, beigesetzt worden sein.
Aus diesen Hinweisen wird im Allgemeinen geschlossen, dass die Sprecher der indogermanischen Ursprache eine bronzezeitliche Kultur im 4. Jahrtausend v. Chr. darstellten. Die Trennung in verschiedene Sprachgruppen erfolgte vermutlich zwischen 3400 und 3000 v. Chr.[4]
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