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In Seite Geschichte der Juden in Russland:
"Das bedeutendste Ereignis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war für die Juden die sowjetische Besetzung Ostpolens 1939–1941, wodurch 2,17 Millionen Juden neu unter sowjetischen Einflussbereich gerieten. Zunächst wurde an der Universität Wilna ein Lehrstuhl für jiddische Sprache und Literatur errichtet; bald darauf wurden aber jüdische Schulen geschlossen und viele Flüchtlinge aus dem westlichen Polen wurden nach Sibirien deportiert. Nach den Massenverhaftungen von Juden und Nichtjuden im Frühling 1941 berichtete die sowjetische Presse kaum über die Gräueltaten Deutschlands im Generalgouvernement Polen und im Deutschen Reich, mit dem Stalin einen Nichtangriffspakt unterzeichnet hatte, so dass nur wenige Juden in der Sowjetunion auf die kommenden Ereignisse vorbereitet waren.
In den ersten Wochen nach dem Überfall auf die Sowjetunion eroberten deutsche Truppen das gesamte Territorium, das 1939/40 von der Sowjetunion annektiert worden war. Wilna fiel am 25. Juni 1941, Minsk am 28. Juni, Riga am 1. Juli, Witebsk und Schitomir am 9. Juli und Kischinjow am 16. Juli. Von den insgesamt vier Millionen Juden, die im Frühling 1941 auf dem später von Deutschen besetzten Gebiet gewohnt hatten, wurden etwa drei Millionen ermordet.
Die Aufgabe der systematischen Ermordung von Juden lag in den Händen von vier zu diesem Zweck gebildeten Einsatzgruppen, die aus der SS, dem Sicherheitsdienst, der Gestapo sowie der Kriminal- und Ordnungspolizei rekrutiert wurden. Der Kommissarbefehl vom 6. Juni 1941 enthielt den Auftrag, nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Sowjetunion die besetzten Gebiete von allen sogenannten unerwünschten Elementen zu säubern: politische Kommissare, aktive Kommunisten und vor allem Juden. Die deutsche Wehrmacht belieferte die Einsatzgruppen mit Personal, Logistik und Waffen. Am 10. Oktober 1941 rief Generalfeldmarschall Reichenau im „Reichenau-Befehl“ seine Soldaten unverhohlen zur Ermordung von Juden auf:
Adolf Hitler bezeichnete den Reichenau-Befehl als „ausgezeichnet“ und befahl allen Armeekommandanten an der Sowjetfront, Reichenaus Beispiel zu folgen.
An der Ausrottung der Juden beteiligte sich auch die einheimische Bevölkerung. Die Kollaboration wurde von den Deutschen gefördert, indem sie beispielsweise der einheimischen Bevölkerung die Häuser und den Besitz der zu ermordenden Juden zuteilten. Andererseits gab es auch einige wenige Versuche, Juden zu retten. Ein Beispiel dafür ist der Metropolit Scheptitzki, Oberhaupt der ukrainischen Kirche, der mit Hilfe von Mönchen Juden in Klöstern versteckte. Auch in Wilna wurden ähnliche Anstrengungen unternommen. Die herrschenden Bedingungen behinderten aber den Erfolg dieser Bemühungen. Die nationalsozialistischen Ausrottungsmethoden waren von Ort zu Ort verschieden. Vielfach fanden die Ausrottungsaktionen unmittelbar nach der deutschen Besetzung statt. In Kiew wurden in zwei Tagen, am 29. und 30. September 1941, 33.779 jüdische Männer, Frauen und Kinder im Tal von Babyn Jar erschossen. In Odessa ermordeten deutsche und rumänische Truppen vom 23. bis zum 26. Oktober 1941 als Rache für die Zerstörung des dortigen rumänischen Hauptquartiers 26.000 Juden, von denen viele gehängt oder verbrannt wurden (Massaker von Odessa). In der besetzten Sowjetunion wurde mit neuen Methoden zur Ermordung von Juden experimentiert. Eine solche Methode war die Tötung in geschlossenen Lastwagen, die vorgeblich zum Transport dienten, deren Passagiere jedoch vergast wurden. In Fällen, wo die Vernichtung nicht in den ersten Tagen nach der Besetzung abgeschlossen werden konnte, wurden an Stadträndern vorübergehend Konzentrationslager als „Jüdische Wohnbezirke“ (Ghettos) errichtet, die von einem Judenrat geleitet und später liquidiert wurden (siehe dazu auch Vernichtungslager Maly Trostinez).
Während des Zweiten Weltkriegs zeichneten sich die jüdischen Soldaten der Roten Armee durch außergewöhnliche Loyalität gegenüber der Sowjetunion aus. Von den 500.000 Juden, die in der sowjetischen Armee dienten, fielen etwa 200.000 im Kampf. Etwa 60.000 jüdische Soldaten erhielten während des Krieges Auszeichnungen, 145 wurden als Held der Sowjetunion geehrt, die höchste Auszeichnung der Sowjetunion. Zwischen 10.000 und 20.000 Juden beteiligten sich aktiv an der Partisanenbewegung, so Abba Kovner, Jitzchak Wittenberg und die Bielski-Partisanen. Etwa ein Drittel davon fiel im Kampf gegen die Deutschen. Nach der Rückgewinnung der von den Deutschen besetzten Gebiete wurden jüdische Partisanen von der Roten Armee mobilisiert und beteiligten sich an der Schlacht um Berlin. Das Jüdische Antifaschistische Komitee war zwar in die sowjetische Kriegspropaganda eingebunden, diente aber gleichzeitig bis zu seiner Auflösung im Jahre 1949 als inoffizielle Vertretung des sowjetischen Judentums.
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