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In Seite Evolutionäre Psychologie:
"Evolutionspsychologische Theorien der Partnerwahl orientieren sich an dem Modell des Elternaufwands.[1][2] Die grundlegende Idee ist, dass das Zeugen von Nachkommen nicht nur reproduktiven Erfolg bedeutet, sondern für die Eltern zugleich Kosten mit sich bringt. Diese Kosten sind für Frauen und Männer verschieden, da das Zeugen von Kindern für Frauen eine mehrmonatige Schwangerschaft zur Folge hat, während die Spermienproduktion für Männer vergleichsweise geringe Kosten verursacht. Andererseits endet das elterliche Investment nicht mit der Geburt des Kindes, die Erziehung eines Kindes erfordert vielmehr Zeit und materielle Ressourcen. Für dieses Investment sind in der Regel Mütter wie Väter zuständig.
Die Unterschiede im elterlichen Investment führen nach Ansicht vieler evolutionärer Psychologen zu Unterschieden in der Partnerpräferenz von Frauen und Männern. Das minimal erforderliche Investment von Frauen ist relativ hoch, da es immer eine mehrmonatige Schwangerschaft impliziert. Demgegenüber ist das minimale Investment von Männern sehr gering, da es nur den einmaligen Sexualakt voraussetzt. Dementsprechend sei es für Frauen vorteilhaft, sehr wählerisch bei der Partnerwahl zu sein. Sie sollten sich Sexualpartner suchen, die bereit sind, nach der Geburt Ressourcen in die Kinder zu investieren. Das geringe minimale Investment von Männern führe demgegenüber zu einer weniger wählerischen Strategie. Sex mit einer großen Anzahl von Frauen würde den reproduktiven Erfolg bei geringem Investment maximieren. Männer präferieren dabei gesunde, junge, physisch attraktive Partner, die ein Maximum an Fortpflanzungserfolg signalisieren, trotz ihrer Jugend aber sexuelle Reife ausdrücken.[3]
Das zentrale Investment von Männern wird indirekt durch Bereitstellung von Ressourcen getätigt. Nach Ansicht von evolutionären Psychologen ist daher die Fähigkeit, solche Ressourcen bereitzustellen und auch deutlich sichtbar zu machen, ein zentrales Kriterium bei der Partnerwahl. Evolutionäre Psychologen konkretisieren diese Überlegung mit der Theorie des sozioökonomischen Status (socioeconomical status, SES), der materielles Einkommen und gesellschaftliches Ansehen umfasst. Entsprechend der Theorie des SES werden Frauen Männer mit einem hohen SES bevorzugen, während bei Männern Kriterien im Vordergrund stehen, die auf das reproduktive Potential der potentiellen Partnerinnen hinweisen. Entsprechend dieser Theorie wird etwa prognostiziert, dass Männer jüngere Frauen als Partnerinnen bevorzugen, da diese über ein hohes reproduktives Potential verfügen. Demgegenüber sei für Frauen das Alter weniger entscheidend, ältere Männer tendieren sogar dazu, einen höheren SES zu haben und daher bevorzugt zu werden.
Es wurden zahlreiche Studien unternommen, um entsprechende Aussagen zu überprüfen. Eine bekannte Studie zum SES stammt etwa von John Marshall Townsend und Gary Levy, die 112 undergraduate Studentinnen der Syracuse University nach ihren Präferenzen befragten.[4] Townsend und Levy präsentierten den Probandinnen Fotos von zwei Männern, der eine wurde allgemein als attraktiv bewertet, der andere als unattraktiv. Die Männer wurden auf drei verschiedene Weisen angekleidet: 1) in einer Burger-King-Arbeitskleidung (geringer SES); 2) in neutraler Kleidung (mittlerer SES); 3) in Anzug und mit teurer Uhr (hoher SES). Im Folgenden wurden die Probandinnen gefragt, ob sie sich mit einer solchen Person verschiedene Beziehungsformen vorstellen könnten (etwa eine Verabredung, eine feste Beziehung, eine Heirat). Die Ergebnisse zeigten, dass die Bereitschaft zu Beziehungen generell mit steigendem SES zunahm. Tatsächlich wurden feste Beziehungen und Heiraten bei dem nichtattraktiven Mann mit hohem SES eher in Erwägung gezogen als bei dem attraktiven Mann mit niedrigem SES. Nach Townsend und Levy zeigen diese Ergebnisse, dass der SES tatsächlich zentral für die weiblichen Partnerpräferenzen ist.
Entsprechende evolutionspsychologische Studien werden jedoch nicht von allen Forschern akzeptiert und von Kritikern wie David Buller unter Verweis auf alternative Dateninterpretationen zurückgewiesen.[5] Zum einen sei gar nicht klar, ob sich überhaupt universelle und angeborene Partnerpräferenzen feststellen lassen. Die Präferenz für Männer mit hohem SES lasse sich genauso mit Verweis auf den sozialen Kontext und die ökonomische Benachteiligung von Frauen erklären. Will man diese Möglichkeit ausschließen, müsste man zeigen, dass die Partnerpräferenz von Frauen unabhängig vom sozial-ökonomischen Kontext ist. Tatsächlich gibt es Versuche, dies in kulturübergreifenden Studien zu zeigen, allerdings wird die Interpretation dieser Daten wiederum kontrovers diskutiert. Zwar wurde festgestellt, dass Frauen in verschiedenen Kulturen finanziellen Aspekten bei der Partnerwahl eine größere Bedeutung zumessen als Männer, zugleich gab es jedoch recht große Unterschiede. So maßen Frauen in Japan finanziellen Aspekten eine um 150 % größere Bedeutung zu als Männer, in den Niederlanden waren es hingegen nur 36 %.[6] Andere Studien legen den Zusammenhang nahe, dass je höher das Maß an Geschlechtergleichheit, desto kleiner die Unterschiede bei der Partnerpräferenz zwischen den Geschlechtern (auch hinsichtlich sozioökonomischem Status), sodass sich dieser Beobachtung zufolge evolutionär nicht die Partnerpräferenzen an sich, sondern eine hohe Anpassungsfähigkeit an die gesellschaftlichen Umstände entwickelt habe.[7]
Zudem kann man versuchen, die von Townsend und Levy festgestellten Präferenzen auf das Phänomen der Homogamie zurückzuführen. Als „Homogamie“ bezeichnet man die Präferenz für kulturell, ökonomisch und sozial ähnliche Partner. Nun waren die Probandinnen von Townsend und Levy ausschließlich weiße Studentinnen einer renommierten, amerikanischen Privatuniversität, hatten also selbst einen hohen SES. Der Ansatz der Homogamie und der Ansatz der evolutionären Psychologie prognostizieren daher gleichermaßen eine Präferenz für einen hohen SES bei Partnern in der genannten Studie.
Die Debatte um den SES ist charakteristisch für die evolutionspsychologische Erforschung der Partnerwahl. Evolutionspsychologen entwickeln eine Hypothese über die Entwicklung der Partnerpräferenzen und unternehmen Studien, um diese Hypothesen zu testen. Von Kritikern wird eine Vernachlässigung sozialer Faktoren (siehe die vielfältigen Formen direkt oder indirekt gelenkter Partnerwahl) behauptet. Andere Kritiker verweisen auf alternative Erklärungsmodelle wie die Homogamie. Dabei wird von den meisten Forschern akzeptiert, dass sich soziale Ursachen, Homogamie und evolutionäre Faktoren nicht ausschließen – die Partnerwahl ist immer multikausal verursacht. Allerdings bleibt umstritten, ob und wie sich die einzelnen Faktoren trennen lassen und welche Relevanz sie bei der Partnerwahl haben. So haben situative Einflüsse wie Stress einen Einfluss auf übergreifende Partnerpräferenzen: Während Personen im Normalzustand zur Homogamie neigen, d. h. ähnliche Partner bevorzugen, kann sich dieses Muster unter Stress dahingehend umkehren, dass unter Stress-Einfluss unähnliche Personen attraktiver wirken.[8][9][10] Dies lässt sich insofern durch evolutionäre Mechanismen erklären, als ein Schluss vom Phänotyp auf den Genotyp möglich ist – sich ähnlich sehende Personen sollten folglich über mehr gemeinsame Gene verfügen. Ähnlichkeit zwischen zwei Personen führt zu einem höheren Maß an Vertrauen, ähnliche Menschen werden als sympathischer und vertrauenswürdiger eingeschätzt.[11] Gleichzeitig kann jedoch das Auftreten gemeinsamer Gene zu möglichen Erbschäden bei den Nachkommen führen.[12] So gesehen sollte für eine langfristige Partnerschaft Ähnlichkeit eine größere Rolle spielen, während für die rein biologische Fortpflanzung eher unähnliche Partner vorteilhaft sind. Der Einfluss von Stress kann sich dadurch manifestieren, dass dem Organismus eine bedrohliche äußere Umwelt signalisiert wird und Ressourcen eher kurzfristig investiert werden; somit auch der biologische Aspekt der Paarung gegenüber einer langfristigen Partnerschaft an Bedeutung gewinnt.
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