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In Seite Weltwirtschaftskrise:

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Großbritannien hatte bereits eine wirtschaftlich schwierige Dekade durchgemacht, als die Schockwellen des US-Desasters das Inselreich erreichten. Schon während der 1920er Jahre hatte stets eine relativ hohe Arbeitslosenzahl von über einer Million bestanden. Die im Zuge der Kriegsfinanzierung aufgegebene, 1925 aber wiederhergestellte Bindung des britischen Pfunds an den Goldstandard zum Vorkriegskurs mochte darauf zielen, London als Weltfinanzplatz zu erneuern,[1] führte aber nicht zur Belebung der britischen Wirtschaft, in die wegen eines hohen Kreditzinsniveaus kaum investiert wurde. Außerdem schwächte der nun hohe Umtauschkurs des Pfunds den britischen Handel: Während britische Produkte im Ausland zu teuer wurden, waren ausländische Produkte in Großbritannien nun billig zu erstehen.[2]

Die Weltwirtschaftskrise machte sich in Großbritannien zunächst vor allem als Zusammenbruch des Welthandels bemerkbar. Von 1929 bis 1931 fiel der Wert britischer Exporte um rund 38 Prozent.[3] An der Jahreswende 1932/33 erreichte die Arbeitslosigkeit mit knapp unter drei Millionen ihren Spitzenwert. Ein rigides Sparprogramm führte zu harten Auseinandersetzungen innerhalb der regierenden Labour Party und zur Bildung einer „Nationalen Regierung“ unter Einschluss konservativer und liberaler Minister im August 1931. Am darauffolgenden 21. September wurde die Goldbindung des Pfundes aufgegeben, nachdem die Bank von England ihre Goldreserven zur Stützung der österreichischen Creditanstalt und in der Deutschen Bankenkrise eingesetzt hatte, um eine gesamteuropäische Bankenkrise abzuwenden. Als es danach zu einem Ansturm der Anleger, Geschäftsbanken und mehrerer Zentralbanken kleinerer europäischer Länder auf die Bank of England kam, konnte diese das Pfund nicht mehr stützen, weil der Großteil ihrer Reserven in Österreich und Deutschland festlag. Binnen weniger Tage nach dem Stopp der Auszahlungen in Gold stürzte der Wechselkurs des Pfundes gegenüber dem US-Dollar um etwa 25 Prozent ab. Damit aber gewann die britische Exportwirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit zurück, wenn auch unter veränderten Weltmarktbedingungen. Zugleich ging von der Abwertung des Pfunds eine deutliche Belebung der britischen Binnenwirtschaft aus, sodass sich Großbritannien trotz weiterhin hoher Arbeitslosenzahlen laut Florian Pressler nach 1931 besser entwickelte „als alle anderen großen Industrienationen.“[4]

Frankreich, das 1926 ebenfalls zum Goldstandard zurückgekehrt war,[5] blieb von den Turbulenzen der Weltwirtschaftskrise anfänglich verschont. Die Industrieproduktion war weit weniger als die britische auf ausländische Märkte angewiesen, der Agrarmarkt durch hohe Einfuhrzölle geschützt und der Franc in relativer Unterbewertung stabil. Daher strömte Kapital, das nach sicheren Anlagemöglichkeiten suchte, in großen Mengen nach Frankreich. Die Notendeckung stieg bis 1931 auf 80 %, die Banque de France verfügte über ein Viertel der Weltgoldvorräte.[6] Diese komfortable Lage änderte sich drastisch mit der britischen Abkehr vom Goldstandard und der Abwertung des Pfunds im September 1931, da nun der Franc und die anderen Währungen des „Goldblocks“ überbewertet schienen. Nun begann die Weltwirtschaftskrise auch in Frankreich: Es kam zu Arbeitslosigkeit, der Außenhandel ging zurück, die Produktion blieb bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs unter dem Niveau von 1928.[7] Zwar blieben die Arbeitslosenzahlen in Frankreich vergleichsweise moderat und lagen auch in der Krise nie über fünf Prozent; aber indem der Goldstandard des Franc kostenträchtig verteidigt wurde, geriet der französische Staatshaushalt ab 1931 in eine Schieflage.[8]

Die daraus resultierende Politik des knappen Geldes und der Deflation destabilisierte die Dritte Französische Republik unter dem Druck von Extremisten, während die gesellschaftliche Mittelschicht am stärksten vom wirtschaftlichen Niedergang betroffen war und sich radikalisierte. Demonstrationen der rechtsradikalen Action française und des linksradikalen Parti communiste français führten 1934 zu Ausschreitungen mit Todesopfern. Nachdem bis 1935 wechselnde Mitte-rechts-Regierungen an der Krisenbewältigung gescheitert waren, setzte sich in den Wahlen vom Mai 1936 die Volksfront unter Führung Léon Blums als Regierungsbasis durch. Im Zeichen von Streiks und Wirtschaftslähmung wurden deutliche Lohnerhöhungen gewährt, die betriebliche Stellung der Gewerkschaften gestärkt und die wöchentliche Arbeitszeit von 48 auf 40 Stunden gesenkt. Angesichts einer zur gleichen Zeit im NS-Deutschland eingeführten Arbeitszeiterhöhung auf bis zu 54 Wochenstunden wurde die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Industrie damit erheblich geschwächt. Dies hatte eine umfängliche Verlagerung von Kapital ins Ausland zur Folge und ließ nun auch die Goldreserven der Banque de France schwinden. Insgesamt erfuhr Frankreich in der Dekade von 1929 bis 1939 einen durchgreifenden Niedergang hinsichtlich wirtschaftlicher Schwächung und politischer Zerrüttung.[9]

Die einzelnen Staaten reagierten je nach Art des Betroffenseins und entsprechend den politischen Leitvorstellungen unterschiedlich auf die Herausforderung. Ausgehend von den skandinavischen Ländern begannen funktionierende Demokratien steuernd in das Marktgeschehen einzugreifen und Ansätze für einen Übergang zum Wohlfahrtsstaat zu entwickeln (siehe etwa das nachmalige Schwedische Modell). Zaghafte Reformansätze des US-Präsidenten Hoover zur Überwindung der Großen Depression wurden ab 1933 von seinem Nachfolger Franklin D. Roosevelt verstärkt (New Deal), so auch durch wachstumsfördernde öffentliche Investitionen, die durch vermehrte Schuldenaufnahme finanziert wurden (Deficit spending).

Der deutsche Reichskanzler Heinrich Brüning dagegen war unter dem Eindruck der vorausgegangenen Großen Inflation bemüht, die Währung durch eine Sparpolitik zu stärken, was mit gravierenden sozialen Härten und tiefen Einschnitten in die sozialen Sicherungssysteme einherging. Dies trug zu einer politischen Radikalisierung breiter Bevölkerungsschichten bei – bis hin zu Straßenkämpfen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten –, die den Aufstieg der NSDAP begünstigte.